Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Wofür ist die Kirche da?

Mir hat neulich ein Bekannter ganz begeistert von einem Pfarrer erzählt, der mit einem kleinen Zeichen zur rechten Zeit gezeigt hat, wie segensreich die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen wirken kann. Was war passiert?

Die Mutter meines Bekannten ist recht betagt; kann nicht mehr gut laufen; leidet noch unter dem Tod des Ehemannes vor drei Jahren. Dazu kommen noch die Corona-Pandemie und diverse körperliche Beschwerden hinzu. Ihr fehlt der Mut in die Messe zu gehen, obwohl ihr das wichtig ist. Weil der Sohn weit weg wohnt, kann er sie nur selten in den Gottesdienst begleiten. An ihrem runden Geburtstag, der zufällig an Pfingsten ist, da ist der Sohn aber da.

Gemeinsam gehen sie in die Messe. Für die Mutter ist es der erste Gottesdienstbesuch in ihrer Gemeinde seit einem Jahr. Der Pfarrer hält die Messe so wie immer und stellt in seiner Predigt genau diese Frage: Wofür ist die Kirche noch da? Er spielt natürlich auf all die Probleme und Versäumnisse der vergangenen Jahre an. Am Ende der Predigt sagt er, dass jede und jeder einzelne entscheiden muss, ob sie oder er zu dieser Kirche noch dazugehören möchte.

Kurz vor dem Schlusssegen zögert der Pfarrer plötzlich. Dann auf einmal gratuliert er vor der versammelten Gemeinde der Mutter meines Bekannten zum Geburtstag, erwähnt, dass sie einen besonderen Geburtstag hat. Der Organist spielt spontan auf der Orgel "Viel Glück und viel Segen" und alle singen mit. Die Mutter freut sich sehr über diese Aufmerksamkeit. Endlich wieder Gottesdienst und dann dazu noch ein solch herzlicher Geburtstagsgruß!

Ich finde, das ist ein schönes Beispiel, wie Seelsorger die Menschen im Blick haben. Der Pfarrer hatte die Mutter meines Bekannten beim Gottesdienst gesehen und wusste, dass sie Geburtstag hat; wusste, dass er ihr mit dem Geburtstagsgruß eine Freude macht.

Für was ist die Kirche da? Der Pfarrer hat die Frage eigentlich sehr gut mit seinem Tun beantwortet. Solange es Menschen in der Kirche gibt, die die Botschaft von der Liebe Gottes konkret im Alltag leben und nicht nur verkündigen, solange braucht es uns um die Zukunft unserer Kirche nicht ganz so bang zu sein. Vertrauen wir auf Gott und die Menschen, die er für seine Kirche beruft!

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