Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Wenn der Morgen die Nachtschwärze vertreibt

"Seht, golden steigt das Licht empor - da schwindet hin die dunkle Nacht,
die unsren richtungslosen Schritt hart an des Abgrunds Rand gebracht."

Bisher habe ich diese erste Strophe im Hymnus der Laudes immer ganz arglos und freudig gebetet. Bis dieser Tage. Da ist mir nahezu jedes Wort nochmal anders bewusst geworden.

Nach einem Mittelfußbruch musste ich nach der Operation doch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben. Mit meiner sehr netten, nach einem Treppensturz sehr schwerverletzten Zimmernachbarin, habe ich mich am Tag wunderbar unterhalten über Gott und die Welt, über Reisen und über die Familie und wie gut es ihr mit allem geht. Alles was so am Tag war, wurde klaglos erledigt und ertragen.

Aber dann kamen die Nächte und die Schmerzen und ihre Ängste und Sorgen. Und die Schmerzmittel, die scheinbar nicht wirkten und die Sorge um Mann und Familie und Zukunft und, und, und... Und von der Station hörte man viele Geräusche von rennenden Nachtwachen, lauten Klingeltönen, jämmerlichen Klagen und Weinen und aufgeregtem Telefonieren. Und wenn ich dann doch mal kurz eingeschlummert war, hat sie mich laut klagend gebeten, ihr doch zu helfen.

Und so sind wir zusammen durch die Nacht geschlingert mit Jammern und Klagen und der eindringlichen Bitte an Gott und die Gottesmutter, diese Nacht doch vorbeigehen zu lassen und wenn es Gott doch hoffentlich gibt, dann sollte er doch…

Und dann ist er doch gekommen, der so ersehnte Morgen. Ein leicht heller werdender Himmel, mehrere ruhige Stimmer des Frühdienstes auf dem Flur und die Nachtschwärze innen und außen verschwand immer mehr. Und mit dem heller werdenden Himmel verschwanden auch die nächtlichen Dämonen der Angst und Sorge und der Not um die Zukunft. Und dann habe ich den Hymnus für uns beide laut gebetet und nie war er mir passender als an diesem dankbar erreichten Morgen:
"Seht, golden steigt das Licht empor - da schwindet hin die dunkle Nacht,
die unsren richtungslosen Schritt, hart an des Abgrunds Rand gebracht.
Und jener letzte Morgen einst, den wir erflehn voll Zuversicht, er finde wachend uns beim Lob und überströme uns mit Licht. Amen"
 

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