Morgenimpuls mit Schwester Katharina

War früher alles besser?

Bei Familienfesten habe ich immer mit Begeisterung den Omas und Opas und Tanten und Onkeln zugehört, wenn sie von vorherigen Zeiten erzählt haben. Von den Familiengeschehnissen, von Krieg und Nachkriegszeit, von Aufbau und Neubeginn, von Kindern und Enkeln und strengen Lehrern und Lehrmeistern.

Und am Ende kommt immer diese tolle Erkenntnis, dass es harte Zeiten waren, aber auch schön. Und aus diesen Erzählungen kommt immer die Gelassenheit, die sehr alte Menschen ausmacht: wir haben schon so viel geschafft und ausgehalten, wir haben soviel schon ertragen und getragen, und das was jetzt kommt, das schaffen wir auch. Das hat nichts mit Verklärung zu tun und dem "früher war alles besser".

Es hat damit zu tun, dass es in der Zeit, wo es geschieht oft schwer und kaum zu ertragen und fast über die Kräfte geht. Aber in der Rückschau versteht man plötzlich, wie gut sich alles gefügt und gewendet hat und wieviel Hilfe die Familie, die Nachbarn, das Dorf, die Gemeinde gegeben hat. So ähnlich geht es mir in meiner Ordensgemeinschaft. Wenn wir, wie zur Zeit, im Provinzkapitel versammelt sind, ist immer auch Zeit, den Weg der Gemeinschaft seit der Gründung vor 160 Jahren nachzuerzählen.

Und ich spüre immer dieselbe Verblüffung: wie aus kleinen Anfängen mit drei jungen Frauen ein Riesenwerk entstanden ist, das durch Kulturkampf und Vertreibung, durch 2 Kriege und die spanische Grippe, die Zwischen- und Nachkriegszeit, die deutsche Teilung und das vatikanische Konzil, die Wiedervereinigung und so weiter und so weiter gegangen ist. Und immer wieder haben sich Menschen gerufen gefühlt, diesen Weg des Christseins zu gehen und vor Gott und für die Menschen zu leben.

Und wenn ich die ganz alten Schwestern frage, wie das alles zu schaffen war, dann kommt oft das eigene Erstaunen durch: "ja, mit Gottes Hilfe, mit seinem Geist, mit der Hilfe meiner Schwestern" so ungefähr wie: ich weiß nicht so genau. Es hat sich gefügt. Ein Steinchen des Mosaiks hat ans andere gepasst und im Nachhinein sieht man das große Werk, und weiß nicht, wie es geworden ist. Ich finde das wunderbar entlastend. Ich brauche heute nur tun was dran ist, dass dann mit viel Liebe und Engagement tun und dann im Vertrauen leben, dass Gottes Geist es richten wird, zum Wohl der Menschen und zur Ehre Gottes.

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