Morgenimpuls mit Schwester Katharina

"Oh, Aua da!"

Seit meinem Sprunggelenkbruch vor vier Wochen habe ich so eine Unterschenkelorthese, also so einen Plastikstiefel an, der die Beweglichkeit einschränken und den Fuß stabilisieren soll.

Und wenn ich dann nach nebenan in die Kirche will, brauche ich noch zwei Unterarmstützen, damit ich den Fuß nicht belaste. Viele von Ihnen haben das an sich selbst schon erlebt und kennen die Einschränkungen und die komplizierten Abläufe, die das mit sich bringt. Viele gute Wünsche bekommt man dann um gute Besserung und viel Geduld und so weiter. 

Am Sonntag im Gottesdienst saß neben mir ein Herr mit seinem Enkel, der vielleicht ein Jahr alt ist. Er kommt in die Bank neben mich, strahlt mich an und ich strahle zurück. Und dann sieht er meinen dicken Stiefel und die Stöcke und verkündet sehr laut: "Oh, Aua da!" Ja er hatte vollkommen recht. Da war echt viel "Aua da" und ich war amüsiert ob seiner Anteilnahme. Aber wer kleine Kinder hat oder kennt, weiß auch, dass das dann nicht mehr aufhört. Während der ganzen Heiligen Messe, beim Wechseln vom Schoß der Oma auf Opas Schoß, beim Zurückkommen vom "Vater unser" am Altar mit seiner großen Schwester oder dem Kommuniongang mit Papa, immer wenn er meinen Fuß sah, kam laut und deutlich: "Oh, Aua da!" und mit dem Zeigefinger deutlich allen zeigen, wo das Aua ist. Kinder können das laut und ungeniert, ungebremst und ausdauernd.

Aber auch viele Erwachsene tun das zurzeit laut und ungeniert. Sie weisen hin, dass kein Brief der Kurie aus Rom etwas stoppen sollte, was helfen wird, den Missbrauch in unserer Kirche endlich aufzuarbeiten und dann zu beenden. Dass kein noch so verzögertes Verfahren gegen Kirchenobere der Aufarbeitung dient und den Eindruck erweckt, dass gegen Chefs mit milderem Maß gemessen wird. Sie weisen hin und halten den Finger drauf, dass es immer noch unerträglich ist, wie mit Frauen in dieser Kirche umgegangen wird. Es ist nicht so einfach, immer und immer wieder laut und deutlich zu sagen, wo in unserer Kirche das große AUA, die großen Verletzungen und Schmerzen sind und wo es notwendig bleibt, sie solange zu benennen und zu beklagen, bis sich etwas ändert, bis Reformen eine Heilung möglich machen und es Menschen möglich macht, in dieser Kirche zu bleiben oder sogar wieder zu ihr zurückzukehren. 

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