Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Agatha - Mehr als nur Brauchtumspflege

Wir Katholiken sind schon mal auch ein interessantes Völkchen, speziell wir Katholiken in Olpe im Sauerland. Morgen zum Beispiel halten ganz viele von uns einen Fastentag ein, geben im Lauf der nächsten Tage Almosen in eine Kiste in der Kirche, die dann dem Bürgermeister gebracht wird, damit er akute Not schnell lindern kann. Gehen am Sonntag ins Hochamt, wo der Rat der Stadt ein uraltes Gelübde dem Pastor nachsprechen wird. Dann gehen wir in Anbetungsstunden, hören abends eine hoffentlich gute Predigt, gehen in Prozession mit dem Allerheiligsten durch die mit Kerzen beleuchtete Stadt und singen mit Inbrunst vom „Haus voll Glorie schauet“ weit über alle Land. Und dann gehen wir nach Hause und genießen ein festliches Abendessen mit köstlichen italienischen Speisen und gutem Wein.

Und warum das Ganze? Zunächst, weil mal wieder die Stadt abgebrannt war und deshalb der Rat der Stadt, also nicht die Pfarrei, nicht der Pfarrer, sondern der Rat der Stadt Olpe 1665 beschlossen hatte, dieses Gelübde abzulegen und die heilige Agatha als Schutzpatronin gegen Feuersnot zu bitten, ihre Stadt zu verschonen, weil auf die Fürsprache der Heiligen in Catania auf Sizilien mehrfach ihre Stadt nach einem Ausbruch des Ätna von den Lavaströmen verschont worden war.

Unter der Agatha-Säule vor der Kirche sind vier Tafeln angebracht. Darauf wird sie um Schutz gebeten, um Schutz vor Feuer, denn Olpe ist mehrfach abgebrannt. Zuletzt erlebten die Bürger den Schrecken des Feuers nach Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg. Sie erbitten aber auch um Schutz vor Hunger, um Schutz vor Wasser und um Schutz vor Krieg und Flucht, die die Flüchtlinge und Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg erleiden mussten.

Wenn sich über viele hundert Jahre bis heute die Verehrung für eine junge Frau erhalten hat, dann muss da doch etwas mehr dran sein als nur Brauchtumspflege und Respekt vor alten überlieferten Texten. Und genau das ist es, glaube ich. Agatha, diese junge Frau, steht für die vielen Christinnen und Christen in der langen Geschichte des Christentums, die mit Mut, starkem Glauben, innerer Freiheit und Gelassenheit für Jesus Christus eingetreten sind. Auch wenn es sie das Leben gekostet hat. Es ist schon gut, himmlische Fürsprecher zu haben, die auch uns in den existenziellen Nöten in Kirche und Gesellschaft zur Seite stehen und vielleicht auch Vorbild sein können.

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