Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Lassen wir die Sehnsucht nach Gott in uns wirken

Anfang Dezember habe ich eine Amaryllis geschenkt bekommen. Also ich wusste es nur, weil ein hübscher Anhänger daran war, auf dem der Name der Pflanze stand. Äußerlich war davon nichts zu erkennen. Es war eine rote Wachskugel auf einem hässlichen Drahtständer und oben war die Wachsschicht kreisrund offen und es war zu sehen, dass da abgeschnittene Blätterkanten herauslugten.

"Auf keinen Fall gießen", stand auf dem Anhänger und ich dachte, du arme Zwiebel. Jetzt bist du in eine Wachshülle gequetscht und ich darf dich nicht mal mit Wasser erquicken. Aber jetzt, nach 56 Tagen ohne jede Wasser- oder Düngerzufuhr, ist ein halber Meter hoher und dicker Stängel gewachsen und die Knospe, die sich entwickelt hat, wird dicker und dicker und wird in den nächsten Tagen aufspringen und blühen und ich freue mich sehr darauf. Aber es beschäftigt mich schon, dass quasi in der Blumenzwiebel alles angelegt und vorbereitet ist, damit sie ohne alles Zutun wachsen und blühen kann.

Ich weiß, dass Vergleiche hinken aber ich kann nicht anders denken als daran, dass Gott der Schöpfer allen Seins, in uns, seine Menschen, alles hineingelegt hat, was wir zur Sehnsucht auf ihn hin brauchen. Und dass wir diese Sehnsucht nur wachsen und gedeihen lassen müssen, damit sie so groß wird und so blüht, bis wir bei ihm angekommen sein werden. Nur dürfen wir nichts tun, was der Entwicklung der Sehnsucht entgegensteht. Nicht mit anderen Dingen die Sehnsucht selbst stillen wollen, nicht das Sehnen mit Süchten selbst erfüllen wollen, nicht vor lauter Ungeduld daran ziehen oder artfremden Dünger daran gießen.

Schon bei Augustinus im 4. Jahrhundert heißt es: "Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir" oder noch anders mit einem Liedtext. "Wenn Dein Mund ist stille, dann spricht Dein Herz. Wenn dein Herz ist stille, dann spricht Gott". Gott hat die Sehnsucht nach ihm in unser Herz und unsere Seele hineingelegt wie das Wachsen und Blühen in die Amaryllis-Zwiebel. Lassen wir ihn wirken.

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