Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Gott ist auch da, wenn wir ratlos sind

Ich sitze in der Anbetungskapelle unseres Mutterhauses. Es ist noch ziemlich dunkel und nur die Beleuchtung des Tabernakels mit der Monstranz und einige kleine Deckenleuchten sind eingeschaltet. Die Fenster stehen offen und mit dem Wind und der frischen Luft wehen Vogelstimmen herein. Es klingt, als würden sich die Vögel leise gegenseitig wecken und für den neuen Tag ermuntern.

Und ich höre ein dauerhaftes Rauschen, mal leiser, mal lauter, in schneller Folge vom charakteristischen Klacken, wenn die Fahrzeuge die Dehnungsfugen überqueren, unterbrochen. Es ist die benachbarte Autobahn mit den Autos und LKWs die schon früh unterwegs sind und dieses Dauerhintergrundgeräusch liefern.

In meinem Kopf laufen Hintergrundbilder von der Tagesschau gestern Abend mit der Gewalt gegen Israel, den Vergeltungsschlägen gegen den Gaza Streifen und Tränen, Schreien und Verzweiflung und einen Verteidigungsminister, der mit martialischen Worten die nächsten Strafmaßnahmen verkündet. Und in meinem Herzen tobt die Not der Menschen dort und die eigene hilflose Ratlosigkeit.

Immer mehr Schwestern kommen leise in die Kapelle, verneigen sich oder knien nieder, beten an und gehen auf ihre Plätze. Und ich glaube, dass es fast jeder Schwester so geht wie mir. Und wir sitzen oder knien in der geglaubten Gegenwart des allmächtigen Gottes, der ein Gott des Friedens ist für seine Menschen und der in und mit den Menschen leidet und weint. Und dann fällt mir ein, dass heute an den heiligen Papst Johannes XXIII. gedacht wird.

In den Wirren der Kubakrise 1962 vermittelt er und am Morgen des 24. Oktober lässt er in der amerikanischen und in der sowjetischen Botschaft in Rom seinen Friedensappell überreichen.

Einen Tag darauf machte der Heilige Vater seinen Appell in einer Ansprache bei Radio Vatikan öffentlich: "Wir flehen alle Regierenden an, vor dem Schrei der Menschheit nach Frieden nicht taub zu bleiben...die Verhandlungen wiederaufzunehmen...Gespräche auf allen Ebenen und zu jeder Zeit in Gang zu bringen, zu begünstigen und zu akzeptieren, ist eine Regel der Weisheit und Klugheit...".

Und seine Vermittlung war damals von Erfolg gekrönt. Im Namen des dreifaltigen Gottes, der ein Gott des Friedens ist.

Und dann beginnt unser gemeinsames Morgenlob mit der Bitte um Frieden. Dringlich und trotzdem in Ruhe, mit dem Gesang der Vögel und dem Rauschen der Autobahn im Hintergrund und mit wehem Herzen und der vor Gott gebrachten Ratlosigkeit und Hoffnung.

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