Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Ein Sturm im Wasserglas

Oh es gab Aufregung hier im Olpebachtal am Biggesee. "Jetzt wollen die da oben uns unsere schöne Vorweihnachtszeit wegnehmen", "Nach und nach werden sie uns alles verbieten, was uns unsere Traditionen bedeuten", "Jetzt muss man aber was unternehmen, sonst machen sie bald alles kaputt, was wir über Jahrhunderte aufgebaut haben" Es war echt arg und die Kommentare auf Social Media waren haarsträubend.

Aber was war eigentlich passiert? Ganz einfach: Um Energie zu sparen, werden zwei Weihnachtsbäume weniger in der Innenstadt aufgestellt und beleuchtet und die noch nicht auf LED-Lampen umgerüsteten Lichterbögen über den Innenstadtstraßen, in diesem Advent nicht angebracht und erst für nächstes Jahr umgerüstet und fit gemacht. Also eigentlich Sturm im Wasserglas. Aber ganz so einfach ist es nicht. Niemand will die schöne Vorweihnachtszeit wegnehmen.

Interessanterweise ist der Begriff der Vorweihnachtszeit eine Erfindung der Supermärkte und eine kluge Verkaufsstrategie. Die Zeit vor Weihnachten begehen Christen als Advent, als Zeit der Erwartung des kommenden Christus. Und da geht es mit Licht echt sparsam zu: ein Licht, dann zwei, dann drei dann vier. Manchmal tut es gut, solche im wahrsten Sinn des Wortes aufgeheizten Debatten mit etwas Abstand und Nüchternheit zu betrachten. Der Beleuchtungswahn an Häusern und in Verkaufspassagen ist keine alte Tradition, die über Jahrhunderte aufgebaut worden ist – aber viele Menschen mögen es eben sehr, wenn in der kalten und dunklen Jahreszeit festliche Beleuchtung die Abende in der Stadt schöner macht und ein wohliges, vorfreudiges Gefühl erzeugt wird.

Ich glaube, niemand will Traditionen verbieten, aber es ist eine gute Idee, sich auf echte Traditionen zu besinnen und nochmal zu schauen, was Weihnachten eigentlich für ein Fest ist. Und wenn mir dann bewusst wird dass da eine Familie durch die Willkür eines Kaisers durchs Land getrieben wird, in der Fremde keine Unterkunft findet und ihr Kind in einem Stall zu Welt kommt, dann wird der Verlust von etwas weniger Vorweihnachtsbeleuchtung sehr relativ. Und wenn uns dann klarer wird, dass knapp 2000 Kilometer entfernt Menschen in Krieg, Zerstörung, Kälte und Hunger existieren müssen, dann bin ich dankbar, dass wir Energie, Heizung, Wasser und Lebensmittel haben.

"Jammern macht gesellig - hilft aber niemandem" hat der scheidende Erzbischof Becker am Sonntag in Paderborn gesagt. Also in Geselligkeit ein bisschen jammern, glühweinselig übern Weihnachtsmarkt schlendern und dann denen helfen, die in wirklich existenzieller Not sind – egal ob hier oder in den Kriegs -und Krisengebieten der Welt. Die ganze Aufregung war also genau rechtzeitig um nochmal ins Grübeln zu kommen, ins dankbar sein und ins helfen wollen. Echt adventlich.

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