Ein Interview mit Prof. Dr. Joachim Valentin (Vertreter der Katholischen Kirche im Rat der Religionen und Direktor vom Haus am Dom in Frankfurt): Muslimische Rituale dürfen nicht für politische Stellungnahmen instrumentalisiert werden

Muslimische Rituale dürfen nicht für politische Stellungnahmen instrumentalisiert werden

Domradio.de: Für die Stadt Frankfurt offenbar eine unerträgliche Vorstellung. Ein öffentliches Islamisches Totengebet für Osama bin Laden mitten in Frankfurt. Und sie durchkreuzte die Pläne des radikalen muslimischen Predigers Pierre Vogel. Vogel, der vom Verfassungsschutz beobachtet wird, hatte seine Pläne am Montag auf einer Internetseite angekündigt und das Frankfurter Ordnungsamt hatte das Totengebet des salafistischen Predigers verboten. Es sei eine öffentliche Verhöhnung der Opfer vom 11. September und zahlreicher weiterer Opfer islamistischen Terrors, so die Begründung. Kritik auf die Pläne eines öffentlichen Totengedenkens bin Ladens in Deutschland kommt von vielen Seiten, auch von den Kirchen. Professor Joachim Valentin ist Vertreter der katholischen Kirche im Rat der Religionen und Direktor vom Haus am Dom in Frankfurt. Schönen guten Tag, Herr Valentin. 

Prof. Valentin: Schönen guten Tag. 

Domradio.de: Wie nehmen Sie die Pläne des Hasspredigers wahr? Also wie Pierre Vogel auch genannt wird mit großer Sorge habe ich gehört warum. 

Prof. Valentin: Ja, Pierre Vogel ist jemand, der uns sehr schadet. Im interreligiösen und interkulturellen Dialog hier in Frankfurt, aber inzwischen auch bundesweit. Deshalb, weil er offenbar Politik und Religion nicht in hinreichender Weise auseinander hält und in diesem Fall jetzt einen weltweit geächteten Terroristen mit einem muslimischen Totengebet bedenken will. Dass, was von muslimischer Seite aus rituellen Gründen und theologischen Gründen sehr infrage gestellt wird, ob das denn sinnvoll ist und überhaupt geht, aber umgekehrt natürlich damit vor allem die deutsche Öffentlichkeit provozieren will und das auch tun wird. Wenn das Ganze jetzt tatsächlich doch noch stattfindet. Also die Verbindung von Islam und Gewalt, die wir in differenzierten Debatten gerade zu lösen versuchen, die wird von solchen Hasspredigern wieder enger geknüpft. Eine sehr bedrohliche und zur Sorge veranlassenden Situationen. 

Domradio.de: Vogel sagte, jeder Muslim habe das Recht, dass man für ihn das Totengebet spreche. Wie beurteilen Sie dieses Recht in diesem Fall? 

Prof. Valentin: Das ist richtig. Das bestätigen auch muslimische Theologen. Aber nicht an einem öffentlichen Ort außerhalb einer Moschee oder sonst eines geschlossenen Raumes und auch nicht in diesem Fall für jemanden, der auch von muslimischer Seite als Massenmörder oder doch als Anstifter zum Massenmord angesehen wird. Und dazu kommt der letzte Punkt, dass natürlich auch Muslime und wir, die das von außen sehen, erst recht die Verbindung eines liturgischen frommen religiösen Aktes mit einer politischen Provokation nicht gutheißen können, weil eine solche Provokation den Akt selber das Gebet selber in Frage stellt und massiv beschädigt. 

Domradio.de: Die Veranstaltungen wurde mit bis zu 1500 Teilnehmern angemeldet. Auch der Ordnungsdezernent von Frankfurt hatte eine solche Kundgebung als eine gezielte Provokation der deutschen Öffentlichkeit bezeichnet. Wie beurteilen sie das aus kirchlicher und eben auch interreligiöser Perspektive? 

Prof. Valentin: Ich kann ihm da nur zustimmen. Wir freuen uns sehr, dass ein Ordnungsdezernent, hier in Frankfurt von der FDP, sich hier so prägnant und eindeutig äußert. Ich sagte das ja eben schon. Also ein Islam, der in der deutschen Gesellschaft ankommen will, der kann das nicht tun, indem er provoziert und muslimische Rituale für politische Stellungnahmen, die hoch problematisch sind, instrumentalisiert. 

Domradio.de: Die Stadt Frankfurt hat das Totengebet für bin Laden jetzt konkret verboten. War das jetzt der richtige Schritt und weiß man, ob Vogel dagegen vorgehen wird? 

Prof. Valentin: Ich halte das für den absolut richtigen Schritt. Es gab ja vor einigen Wochen bereits einen Auftritt von Pierre Vogel, der ebenfalls gegen ein Verbot über eine Revision vor dem Landesverwaltungsgericht dann im Nachhinein doch durchgesetzt hat. Ich weiß nicht, was genau hinter den Kulissen geschieht, aber hier in Frankfurt nehmen alle an, dass er das auch diesmal wieder versuchen wird sein Recht, hier diese Maßnahme vorzunehmen, gerichtlich einzuklagen. 

Domradio.de: Professor Joachim Valentin ist Vertreter der katholischen Kirche im Rat der Religionen. Stadt und Kirchen haben ein öffentliches Totenggebet für Osama Bin Laden in Frankfurt abgelehnt. Und jetzt hat die Stadt es auch verboten. Organisieren wollte das Totengebet für den Al Kaida Chef der 32 Jahre Alte Ex-Boxer Pierre Vogel, dessen Ansprachen als verfassungs- und integrationsfeindlich auch gelten. Hell Valentin, Ihnen vielen Dank für das Gespräch.