Ein Interview mit Bischof Gebhard Fürst (Diözese Rottenburg-Stuttgart): 25 Jahre Aktion Martinusmantel für junge Arbeitslose

25 Jahre Aktion Martinusmantel für junge Arbeitslose

Domradio.de: Sie hören das Domradio am Samstagmorgen. Kinder mit Laternen, die sieht man in diesen Tagen an vielen Orten. Na klar, Martinszüge. Eine Tradition, die weit verbreitet ist. Damit erinnern sich die Christen an den Heiligen Martin von Tours. Bei manchen dieser Umzüge wird in Erinnerung an die Martinslegende am Ende auch der Mantel geteilt, so wie es der Heilige für den frierenden Bettler gemacht haben soll. In Erinnerung daran ruft die Diözese Rottenburg-Stuttgart jedes Jahr zur Aktion Martinusmantel auf, mit dem Projekte für Arbeitslose gefördert werden. Morgen feiert das Projekt sein 25 jähriges Jubiläum. Beim Festakt dabei Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Bischof Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg. Stuttgart. Er ist auch der Schirmherr der Aktion. Guten Morgen, Herr Bischof.

Bischof Fürst: Ja, guten Morgen.

Domradio.de: Bischof Fürst, wie fördern sie denn mit ihrer Aktion Martinus Mantel Langzeitarbeitslose, die ja im Mittelpunkt stehen. Können sie uns einige Beispiele nennen?

Bischof Fürst: Wir fördern Langzeitarbeitslose, Jugendliche oder Männer und Frauen, die durch Schicksalsschläge oder andere Umstände aus dem Arbeitsmarkt herausgefallen sind, bisher aus eigener Initiative keine Möglichkeit mehr zur Arbeit gefunden haben. Die versuchen wir wieder einzugliedern, indem wir Qualifizierungsmaßnahmen mit ihnen durchführen. Und wir versuchen, das dadurch auch an diese Menschen heranzukommen, dass wir mit Stadtteilen zusammenarbeiten, mit Kirchengemeinden zusammenarbeiten, so dass also hier auch Synergieeffekte entstehen, wo wir gemeinsam dann diese Menschen qualifizieren, und das ist in vielfältiger Weise schon gelungen, diese Menschen wieder in den Arbeitsmarkt hineinzubringen und zwar kontinuierlich und ständig.

Domradio.de: Wie kommt es zur Verbindung mit dem Heiligen Martin? Wieso fördern sie mit der Aktion Martinusmantel Langzeitarbeitslose?

Bischof Fürst: Der Heilige Martin ist der Diözesanpatron. Er ist aber nicht nur jetzt einfach Patron, sondern er ist für uns auch Leitfigur für unser kirchliches Handeln. Und dieses Ereignis vor Tours vor Amiens ist natürlich etwas ganz Besonderes, dass hier jemand seinen Mantel, der ihn gewärmt hat, geteilt hat. Mit einem Frierenden, der ohne diese Mantelteilung wahrscheinlich nicht überlebt hätte. Und das ist ein Bild und zugleich ein Motiv für die Art und Weise, wie wir jetzt mit Menschen umgehen, die in Not sind, insbesondere Not dadurch, dass sie keine Arbeit haben. Wir wollen mit den Menschen Arbeit ermöglichen und sie so wieder in Brot bringen und natürlich in ein neues Leben eingliedern.

Domradio.de: Heißt das, sie springen mit ihrer Aktion auch ein bisschen für das ein, was möglicherweise der Staat nicht leisten kann und nicht leistet, in der Förderung von Langzeitarbeitslosen.

Bischof Fürst: Ja, es ist so, die  Förderung von Langzeitarbeitslosen, insbesondere Eingliederung von jungen Arbeitslosen, da muss man nahe an den Menschen sein, man muss ihre Schicksale kennen, man muss sie ansprechen, sie müssen sich auch in eine Gemeinschaft in ein Beziehungsgeflecht hineingenommen sehen und wissen. Und das ist dem Staat und seinen Behörden, die oft etwas bürokratisch ferner sind, nicht so leicht möglich wie das Kirchengemeinde möglich ist und den Menschen, die sich unmittelbar als Ehrenamtliche für einsetzt. 

Domradio.de: Wenn wir nochmal auf ihre Aktion dann direkt auch schauen. Sie feiern jetzt am Wochenende den 25. Geburtstag. Welche Bilanz können Sie nach einem Vierteljahrhundert Aktion Martinusmantel ziehen? Kann man so bisschen sage, die Aktion ist aus dem Gröbsten raus und erwachsen geworden.

Bischof Fürst: Die Aktion ist nicht nur aus dem Gröbsten heraus, sondern sie hat bereits wie gesagt eine 25 jährige, ich darf das einmal so sagen, Erfolgsgeschichte. Wenn wir mal die Zahlen anschauen, fast 13.000.000€ für mehr als 150 Projekte und Maßnahmen zur Wiedereingliederung von jungen arbeitslosen Menschen. Wir haben rund 7500 Menschen, die sich von diesen Projekten haben fördern lassen und viele Tausende konnten wir beraten und 20% von denen, mit denen wir gearbeitet haben, konnten wirklich in den Arbeitsmarkt hinein vermittelt werden und haben so eine ganz neue Lebenssituation, eine Perspektive bekommen.

Domradio.de: Jetzt wird morgen dann am Martinstag das Jubiläum groß gefeiert. Können Sie uns sagen, was sie genau geplant haben.

Bischof Fürst: Wir wollen dieses Jubiläum feiern, zunächst einmal in einer Pfarrkirche, um damit zu zeigen soziales Engagement, Engagement im Sinne des Heiligen Martin, Martinusmantel gehört mitten hinein in die Pastoral, mitten hinein in eine Kirchengemeinde, die in dieser Zeit lebt und nicht für sich selbst da ist, sondern für andere. Wir wollen dieses Fest auch feiern mit den Betroffenen, mit solchen, die bereits also in  die Arbeitswelt wieder hinein gefunden haben, solche die noch auf dem Weg sind, mit den Spenderinnen und Spendern und mit denen, die ehrenamtlich oder auch hauptamtlich tätig sind, um das zu ermöglichen. Das soll ein Fest sein, wo die Menschen ganz unterschiedlicher Art und Engagement sich auf Augenhöhe begegnen und so im Sinne des Heiligen Martin wieder neue Lebensperspektive finden, indem sie etwas für andere tun oder indem an ihnen etwas geschieht, was für ihr Leben von großer Bedeutung ist.

Domradio.de: Die bischöfliche Aktion Martinusmantel in der Diözese Rottenburg-Stuttgart feiert morgen am Martinstag ihr 25-jähriges Jubiläum. Dazu habe ich gesprochen mit Bischof Gebhard Fürst, Bischof der Diözese und Schirmherr der Aktion. Herzlichen Dank, Herr Bischof.

Bischof Fürst: Ja, ich danke Ihnen auch.