Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Der Evangelist mit dem sozialen Schwerpunkt

Heute feiert die Kirche, feiern wir das Fest des heiligen Lukas. Er gilt als Verfasser des gleichnamigen Evangeliums und der Apostelgeschichte, auch wenn das nach der neuesten theologischen Forschung wahrscheinlich gar nicht stimmt. Aber das kennen wir ja von vielen anderen Zuschreibungen auch. Und ändern wird das vermutlich nicht viel daran, dass weiterhin diese beiden wundervollen Bücher im Neuen Testament dem heutigen Tagesheiligen zugeschrieben werden.

Was mich an den Lukas-Texten so fasziniert, ist ihre soziale Ausrichtung. Das Lukas-Evangelium ist das einzige der vier kanonischen Evangelien, das die Kindheitsgeschichte Jesu beinhaltet. Was wäre der Heilige Abend ohne diese herzzerreißende Erzählung von Maria und Josef, die in einem Stall übernachten müssen, weil in der Herberge kein Platz ist? Jesus kommt mitten in unserer kalten Realität, in unserem Chaos zur Welt. Um wem wendet sich Jesus als Erwachsener im Lukasevangelium zu? Es sind gerade hier die Armen, die Verachteten und die Verlassenen, die seine Nähe spüren. Das Gleichnis vom reichen Prasser, der in Saus und Braus lebt, während an seiner Türschwelle der arme Lazarus liegt und Hunger leidet, das findet sich nur bei Lukas. Mir gefällt dieser starke soziale Aspekt in diesen Texten, der auch heute von seiner Aktualität nichts verloren hat. Was geht es uns hier in Mitteleuropa gut, während an den Außengrenzen Menschen unter unwürdigen Bedingungen leben müssen.

Aber Gott lässt die Armen und Ausgegrenzten nicht allein. "Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehn", singt Maria im Magnificat, auch ein Text aus dem Lukasevangelium. Und jeden Morgen im Morgengebet beten wir einen weiteren wundervollen Gesang aus diesem Evangelium, das Benedictus. Da singt Zacharias, der Vater von Johannes dem Täufer: "Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und im Schatten des Todes und unsere Schritte zu lenken auf den Weg des Friedens." – Wie aktuell doch diese knapp 2.000 Jahre alten Texte sind! Aber sind sie nicht auch furchtbar naiv, wenn wir uns die Realität anschauen?

Ich glaube, dass Lukas realistisch genug war. Sein Evangelium und seine Apostelgeschichte sind zugleich eine Botschaft an uns, nämlich dass es an uns liegt, diese Welt menschlicher und sozial gerechter zu machen. So wird das Reich Gottes dann auch sichtbar.

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