Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Auch in der Kirche muss renoviert werden

Wer kennt es nicht, irgendwann muss die Wohnung oder das Haus renoviert werden. Und wenn es ein älteres Haus ist, kommt unter der Tapete vielleicht noch eine Tapete hervor. Und dann noch eine. Die kann dann grell mit Blumenmuster sein und ist wohl ein ferner Gruß aus den farbenfrohen 1960er oder 1970er Jahren. 

Das ist einem Bekannten von mir passiert. Er hat gerade ein Haus von 1969 übernommen. Die hoch betagten Eigentümer haben sich gefreut, dass wieder eine Familie mit Kindern in das Haus einzieht, so wie sie früher als junge Familie in dem Haus gelebt haben. 

Der neue Eigentümer ist zwar vom Tapeteabkratzen genervt, doch die vielen bunten Tapeten unter der Raufaser-Tapete erinnern ihn daran, dass hier über Jahrzehnte Menschen miteinander ihr Leben geteilt haben, dass das Besitzerehepaar ihre Kinder großgezogen hat, sie miteinander alt geworden sind und nun ihren Lebensabend begehen. 

Vielleicht ist unsere Kirche ja ein bisschen wie ein Haus. Über viele Generationen leben und wirken Menschen in ihr. Die Mauern bleiben, das Dach auch. Doch innen drin, da gibt es Änderungen. Was heute noch als schick galt, das wird etwas später als überholt angesehen. Also kommt eine neue Tapete drüber. Wichtig ist, dass die Kirche nicht museal erstarrt, sondern immer wieder neu lebendig wird durch die Menschen, die gerade in ihr leben. 

Manche Glaubenssätze sind unverrückbar wie eine tragende Wand: Christentum ohne Auferstehung oder ohne Gottes- und Nächstenliebe ist undenkbar. Doch andere Dinge sind buchstäblich weniger festgemauert. Nur wohl wenige fühlen sich beispielsweise heute von der Art der Gottesdienstfeier von vor 70 Jahren noch angesprochen; das Verständnis, das Miteinander haben sich verändert. 

Bei anderen Fragen gibt es schon Zweifel, ob es mit ein bisschen neuer Farbe wirklich getan ist. Und manchmal erweist sich ein vermeintlicher Grundpfeiler, ohne den alles einzustürzen droht, doch nur als Fassadenteil und letztlich austauschbar. 

Aber: ich finde es faszinierend, dass in unserer Kirche seit zwei Jahrtausenden Menschen ihren Glauben leben. Mancher Gruß aus der Vergangenheit wirkt vielleicht etwas schrill oder befremdlich. Und doch erinnern die Zeichen der Vergangenheit uns daran, wie Christen früher ihren Glauben gelebt haben – und das kann uns für unser Christsein heute inspirieren. Denn dass schon so lange Gläubige in unserer Kirche gemeinsam das Wort Gottes hören und Eucharistie feiern – das schafft eine Verbundenheit über die Zeit hinweg.

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