Im Heiligen Land fällt die Bilanz für 2019 verhalten positiv aus

Zwischen politischem Stillstand und Besucherrekorden

Katholischerseits war 2019 im Heiligen Land einiges in Bewegung, und auch touristisch steht das Land vor einem neuen Rekord. Stillstand statt Fortschritt herrschen dafür auf politischer Ebene.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Blick auf die Altstadt von Jerusalem / © Sean Pavone (shutterstock)
Blick auf die Altstadt von Jerusalem / © Sean Pavone ( shutterstock )

2019 wird ein Rekordjahr für Israel: Bis einschließlich November kamen laut offiziellen Zahlen 4,2 Millionen Touristen - und damit schon einen Monat vor Jahresabschluss 100.000 mehr als im Vorjahr. In dieser Weise nie da gewesen in der Geschichte Israels ist auch das politische Patt: Das Land steht vor den dritten Wahlen binnen Jahresfrist. Auf palästinensischer Seite hingegen werden lange fällige Wahlen weiter vertagt. Das Fehlen einer politischen Führung und das Fortschreiten der israelischen Besatzung machen sich auch für die arabisch-christliche Minderheit bemerkbar.

Weitgehend unverändert blieb 2019 manch angespanntes Verhältnis zu den Nachbarn. Wiederholt kam es zum Aufflackern der Gewalt rund um den Gazastreifen, ein erneuter Krieg konnte jedoch abgewendet werden.

Auch mit iranischen Verbündeten in Syrien und mit der Hisbollah im Libanon kam es zu Kampfhandlungen. Dass Jordaniens König Abdullah II. 25 Jahre nach Unterzeichnung des Friedensvertrags die Beziehungen als "so schlecht wie nie zuvor" beschrieb, ist bezeichnend. Nicht zuletzt die anhaltende Siedlungspolitik der israelischen Regierung, die unlängst Unterstützung aus den USA erhielt, sorgte weltweit für Kritik.

Politische Situation gleicht einer Sackgasse

Wer bei den beiden vorgezogenen Neuwahlen im April und im September auf einen Regierungswechsel hoffte, wurde enttäuscht. Zwar scheiterte der seit November wegen Bestechlichkeit, Betrug und Veruntreuung angeklagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in beiden Anläufen an der Regierungsbildung. Doch auch Koalitionsgespräche seines Hauptherausforderers Benny Gantz sowie Bemühungen um eine große Koalition scheiterten bisher. Am 11. Dezember um Mitternacht endet die nächste Frist. Erneute Neuwahlen im März scheinen derzeit das wahrscheinlichste Szenario.

Die politische Situation gleicht einer Sackgasse und ist ein Zeichen der Schwäche, sagt der Leiter des Lateinischen Patriarchats in Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa. Dieser Stillstand erschwere das Leben auf allen Ebenen und stehe im Gegensatz zum Wunsch der Menschen nach Veränderung. Für die Kirche bedeute dies, dass sie das Zugehörigkeitsgefühl der kleinen Minderheit stärken müsse.

Neben der weiteren administrativen und finanziellen Konsolidierung des Patriarchats habe man 2019 einen besonderen Schwerpunkt auf die Stärkung des Glaubens gesetzt, sagt der Generaldirektor des Patriarchats, Sami al-Yousef. "Trotz all der politischen Instabilität in Israel, dem Fehlen an Freiheit und Gerechtigkeit in Palästina und dem Fehlen finanzieller Stabilität in Jordanien" sei die Kirche die "Ikone der Stabilität im Leben der christlichen Gemeinden".

Blick auf die deutschsprachigen katholischen Einrichtungen

Positive Veränderungen brachte das Jahr für die deutschsprachigen katholischen Einrichtungen. Das Paulushaus am Jerusalemer Damaskustor, Gästehaus des Deutschen Vereins vom Heiligen Land (DVHL), konnte unter der neuen Leitung fast alle baulichen Probleme beheben, "die ein über hundert Jahre altes Haus mit sich bringt", sagt Mitarbeiterin Brigitte Jünger. Neu bietet es ein Kulturprogramm an, um "im manchmal spannungsgeladenen Ost-Jerusalem auf Dauer zu einem Begegnungsort aller Kulturen" zu werden.

Im deutschsprachigen Benediktinerkloster Dormitio auf dem Zionsberg bereitet man nach Abschluss der Arbeiten an der Krypta die Renovierung von Kirche, Kloster und Studienhaus Beit Josef vor.

"Geschichte geschrieben" habe das Österreichische Hospiz im Jahr 2019, sagt dessen Rektor Markus Bugnyar. Nicht zuletzt die Fertigstellung der "Casa Austria", des Erweiterungsbaus, der die Zimmerzahl von 33 auf 47 erhöhte, brachte dem Haus das "bislang beste Jahr, Tendenz steigend".

Für die Christen bringen diese hohen Besucherzahlen neue Herausforderungen mit sich. "Es ist beinahe unmöglich geworden, Orte der Stille zu finden", sagt Erzbischof Pizzaballa. Auch wenn "zwei Drittel der Besucher religiöse Touristen sind und nicht Pilger im eigentlichen Sinne": Ein Besuch der Heiligen Orte ist für fast alle ein Muss. Nur sind diese in aller Regel nicht auf diese Massen ausgelegt.

Der Leiter des Jerusalemer DVHL-Büros, Georg Röwekamp, bewertet den "stetig wachsenden Strom von Pilgern" trotz oft übergroßen Andrangs an Orten wie der Geburts- oder der Grabeskirche dennoch als erfreulich. "Bleibt zu hoffen, dass viele von ihnen sich auch Zeit nehmen für eine Begegnung mit den einheimischen Christen!"


Israelische Fahne / © Dan Josephson (shutterstock)

Pierbattista Pizzaballa / © Hadas Parush (KNA)
Pierbattista Pizzaballa / © Hadas Parush ( KNA )

Außenansicht des Paulushauses in Jerusalem  / © Andrea Krogmann (KNA)
Außenansicht des Paulushauses in Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )

Die Dormitio-Abtei auf dem Jerusalemer Zionsberg / © Debbie Hill (epd)
Die Dormitio-Abtei auf dem Jerusalemer Zionsberg / © Debbie Hill ( epd )
Quelle:
KNA