Zwischen Andacht und Event - das Papstporträt in Leipzig

"Benedikt im Kernland der Reformation"

Das Leipziger Museum der bildenden Künste präsentierte am Wochenende Michael Triegels "Verwandlung der Götter" und zeigt damit dessen Annäherung an Mythologie und vor allem Religion. Für gut zwei Monate ist auch das Papstporträt des 41-jährigen Malers in der Messestadt zu sehen.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

Und dann auch noch der Gesang. Das Ensemble "de Morales", einige dem Leipziger Thomanerchor entwachsene Stimmen, singt rund um Begrüßung und Reden geistliches Liedgut des 15. und 16. Jahrhunderts. Eine plötzlich geradezu andächtige Stimmung in einem überfüllten Museumsraum.

"Benedictus qui venit in nomine Domini..." (Gesegnet der da kommt im Namen des Herrn), singt das Ensemble. An diesem Abend klingt ein "Benedikt kommt im Namen des Herrn" mit.



Tumultartige Szenen am Eingang, Security-Männer sprechen hektisch in Walkie-Talkies, geladene Gäste geladen vor der Tür, die doch verschlossen bleibt. Drinnen sitzen gewiss 700, 800 oder mehr Neugierige auf Stühlen und Treppen, drängen sich in den Gängen. Mit häufigem Applaus, so wirkt es, feiern sie diesen Moment.



Triegel ist nicht ganz so bekannt wie Neo Rauch oder Norbert Bisky, große Namen der Neuen Leipziger Schule. Aber seitdem ihn Papst Benedikt VI. im März als "Raffael" ansprach und so den großen Maler der Renaissance ins Spiel brachte, hat die Aufmerksamkeit für das Papstporträt eine eigene Dynamik bekommen. Triegel nimmt es ironisch und auch mit einem ernsten Unterton. Er wisse nicht, ob ihm eines Tages wegen dieses Bildes die Himmmelspforte offener stehen werde.

"Wohl aber haben sich die Türen des Museums meiner Heimatstadt schneller als erhofft geöffnet." Maler gelten, wie Propheten, oft erst spät in der eigenen Stadt.



Nun bietet die Werkschau weit mehr als dieses eine Porträt des Papstes mit zwei vorbereitenden Arbeiten zu Benedikt XVI. Die 70 Bilder, die das Haus bis zum 6. Februar zeigt - einige Stillleben und Portraits, vor allem Annäherungen an antike Mythologie und christliche Ikonographie - entstanden seit 1994. Und schon damals beschäftigte sich der konfessionslose Maler mit religiösen Motiven.



Die Konzeption der Ausstellung wirkt wie eine Hinführung zu jenem Saal, in dem auf einer roten Wand das Porträt des auf einem roten Sessel sitzenden Papstes hängt. Da sind Studien des geschundenen Körpers des Gekreuzigten, da ist das Bild des Auferstandenen. Tod und Geburt, Leid und Sehnsucht nach Erlösung.



Der Leiter der Graphischen Sammlung des Museums, Richard Hüttel, betont die Vielschichtigkeit der Bilder. "Ein Bild ist in ein anderes hineingerätselt", meint er. Kaum glaube man, etwas erkannt zu haben, schon sehe man einen anderen Schlüssel. Triegel wage ein "Spiel mit der Ikonographie". Dazu passen auch die medialen Deutungen im Vorfeld und die entsprechenden Abendgespräche vor dem Papstporträt, das die Würde und Bürde des Amtes und die menschliche Seite der 83-jährigen Person gleichermaßen einbindet.



Hüttel, der den Maler als "Zauberer der Kunst" beschreibt, spricht von dessen schierer "Neugierde, alles zu erfahren, was es in der Vergangenheit gab", und das Vergessene dem Vergessen zu entreißen. Seine Tour geht über den Heiligen Augustinus über Marx und Nietzsche in die Gegenwart. Hüttel spricht von einer "singulären Rolle" des Künstlers im heutigen Kunstbetrieb, die der Themenwahl wie der meisterlichen Zeichenkunst geschuldet sei. Derzeit, das zeigt ein Zeitungsausriss im Eingangsbereich des Museums, arbeitet Triegel an einem Augustinus.



Der Direktor des Museums, Hans-Werner Schmidt, dankte zum Auftakt dem Bistum Regensburg als Auftraggeber des Gemäldes für die Erlaubnis, das Bild erstmals zeigen zu können. "2011 kommt der Papst nach Erfurt. Sein Porträt ist schon mal in Leipzig eingekehrt, im Kernland der Reformation", meinte er unter starkem Applaus.