Vor der Wahl dreier neuer Richter für das Bundesverfassungsgericht am Freitag haben zwei bayerische katholische Bischöfe ihre Bedenken geäußert. "Wer die Ansicht vertritt, dass der Embryo oder der Fötus im Mutterleib noch keine Würde und nur ein geringeres Lebensrecht habe als der Mensch nach der Geburt, vollzieht einen radikalen Angriff auf die Fundamente unserer Verfassung", schreiben Rudolf Vorderholzer aus Regensburg und Stefan Oster aus Passau in einer gemeinsamen Stellungnahme. Sie wurde am Mittwoch auf den Internetseiten der beiden Bistümer veröffentlicht.
Wer derartige Positionen vertrete, dem dürfe nicht die verbindliche Auslegung des Grundgesetzes anvertraut werden, kritisierten die Bischöfe. Jedem Menschen werde unabhängig von seiner Lebenssituation Menschenwürde und das Recht auf Leben zugesprochen. Ausschlüsse davon dürfe es nicht geben, das müsse der Staat garantieren. "Es darf in Deutschland nie wieder Menschen zweiter Klasse geben", mahnten Voderholzer und Oster.
Volle Menschenwürde erst ab Geburt?
Die zwei Bischöfe meinen mit ihrer Kritik offenkundig die von der SPD vorgeschlagene Juristin Frauke Brosius-Gersdorf. Sie war in der vergangenen Wahlperiode stellvertretende Koordinatorin einer von der Bundesregierung eingerichteten Kommission, die eine mögliche Liberalisierung der Abtreibungsregelung prüfen sollte. Die Juristin hatte unter anderem erklärt, dass es gute Gründe dafür gebe, dass die volle Garantie der Menschenwürde erst ab der Geburt gelte. Auch von Teilen der Union gibt es heftige Kritik an der Nominierung der Juristin. Union und SPD haben sich darauf verständigt, dass Brosius-Gersdorf weder Präsidentin noch Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts werden kann.
Für die Wahl der Richter am Freitag ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag notwendig. Die Wahl ist geheim. Die beiden anderen Kandidaten sind die Münchner Jura-Professorin Ann-Katrin Kaufhold und der Richter am Bundesarbeitsgericht, Günter Spinner. Seitens der katholischen Kirche war bereits anderweitig Besorgnis in der Sache geäußert worden. Es sei Aufgabe der Politik, für die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts Sorge zu tragen, so der Leiter des Katholischen Büros in Berlin, Karl Jüsten. Es sei aber kein Geheimnis, dass die Kirche bei der Regelung von Abtreibungen verfassungsrechtliche Positionen für ein abgestuftes Lebensschutzkonzept nicht teile. Auch die Menschenwürde des ungeborenen Lebens stelle sie nicht infrage.