Zwangsarbeiter im Erzbistum Köln

Vergessenes Kapitel der Geschichte aufgearbeitet

Vor mehr als zehn Jahren wurden erstmals Hinweise auf Zwangsarbeiter-Einsätze in kirchlichen Einrichtungen des Erzbistums Köln bekannt. Damals begann die Aufarbeitung dieses vergessenen Kapitels der Geschichte. Eine Studie liefert nun Zahlen und Hintergründe.

 (DR)

Während der NS-Zeit haben Einrichtungen im Erzbistum Köln etwa 600 bis 1.000 Zwangsarbeiter beschäftigt. Das geht aus einer am Montagabend vom Historischen Archiv des Erzbistums Köln veröffentlichten Studie hervor. Danach konnten für die Zeit des Zweiten Weltkriegs über 600 ausländische Arbeitskräfte im Erzbistum Köln verifiziert werden. Aufgrund der gestörten Quellenlage sei aber von etwa 1.000 Zwangsarbeitern auszugehen, betont die Autorin Anne Ostermann. Insgesamt seien weniger als zwei Promille aller Zwangsarbeiter in katholischen Anstalten des heutigen Erzbistums Köln tätig gewesen.



Erstmals waren im Sommer 2000 Hinweise auf Zwangsarbeiter-Einsätze in kirchlichen Einrichtungen bekanntgeworden. Ostermann arbeitete im Rahmen eines Dissertationsprojektes die Thematik der Zwangsarbeit historisch auf. Nach ihren Worten ergibt sich "das ambivalente Bild einer Kirche, die bedenkenlos vom Zwangseinsatz vieler Ausländer profitierte, aber auch von einer Institution, die diese Ausländer äußerlich nahezu unterschiedslos in die Reihen ihrer Angestellten aufnahm und ihnen dort zumindest ein erträgliches Leben ermöglichte".



Großzügiger Umgang mit Regeln

Zunächst sei für einige kirchliche Einrichtungen vor allem der geringe Lohn für die osteuropäischen Ausländer attraktiv gewesen, so Ostermann. Letztlich seien dann vor allem kirchliche Krankenhäuser wegen steigender Anforderungen und immer weniger Personal auf die Beschäftigung von Ausländern angewiesen gewesen, um personelle Engpässe überleben zu können. Die überwiegende Anzahl der kirchlichen Zwangsarbeiter seien Frauen gewesen und zumeist in der Haus- oder Landwirtschaft von Anstalten einige Wochen bis mehrere Jahre beschäftigt gewesen. Unter den Zwangsarbeitern seien sowohl junge wie alte Menschen gewesen; die meisten seien aber zwischen 16 und 20 Jahren alt gewesen, so die Historikerin.



Da nur wenige schriftliche Quellen Aufschluss über die Lebens- und Arbeitsbedingungen geben, befragte Ostermann nach eigenen Angaben ehemalige Zwangsarbeiter. Speziell im Umgang mit den ausländischen Angestellten ergebe sich ein einheitliches Bild: Hielten sich kirchliche Arbeitgeber bei der Entlohnung eng an die diskriminierenden gesetzlichen Vorgaben, so seien die Vorschriften im inneren Leben der Anstalten großzügig ausgelegt oder umgangen worden. So hätten ausländische Arbeitskräfte unterschiedslos mit den deutschen Angestellten zusammengelebt und mit ihnen ihre Mahlzeiten eingenommen. Auch die gesetzlich verbotenen Kontakte zu deutschen Kollegen seien nicht unterbunden worden.