Zustimmung und kritische Untertöne nach Papst-Schreiben

"Wichtiges Zeichen der Sorge"

Katholische Bischöfe haben mit breiter Zustimmung auf den Papst-Erlass zur alten lateinischen Messe reagiert und zugleich den Rang der reformierten Messform von 1970 betont. Generell wurde das Schreiben "Summorum pontificum" von Papst Benedikt XVI. als wichtiges Zeichen der Sorge um die Einheit und die Gemeinschaft der Kirche bewertet. - Im domradio prognostizierte der katholische Theologe Prof. Martin Klöckener: "Niemand wird auf die Idee kommen wieder auf diese vorkonziliare Messform zurückzugreifen."

 (DR)

Europäische Kardinäle mahnten Anhänger der alten Messe zur völligen Anerkennung der Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65).

Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, Kardinal Jean-Pierre Ricard, sagte, nicht nur bei liturgischen Fragen gebe es Unterschiede zu den Traditionalisten. Die Messform von 1970 bleibe die "ordentliche" und "übliche". Das Motu Proprio bedeute für die meisten Katholiken in der Praxis keine Veränderung. Londons Kardinal Cormac Murphy O'Connor mahnte, wenn die alte Messe aus Protest gegen die gesamte Lehre des Konzils benutzt werde, erzeuge das einen "Bruch zwischen vor und nach dem Konzil".

Wiens Kardinal Christoph Schönborn sprach von einem Beitrag zur Überwindung von Spaltungen in der Kirche. Zugleich wies er im Namen der österreichischen Bischöfe "generell abwertende Kritik an der liturgischen Praxis" der Gemeinden als ungerechtfertigt zurück und warnte vor Zwang und Streit.

"Weite des katholischen Herzens"
Ähnlich äußerten sich deutsche Bischöfe. Kardinal Karl Lehmann sagte, er hoffe auf die Einheit stiftende Wirkung der Regelungen, und äußerte Zweifel an einem steigenden Bedarf vorkonziliarer Messen in Deutschland. Die Liturgiereform von 1970 sei gelungen. Selbstbewusstsein sei deshalb angebracht. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz kündigte an, die Bischöfe wollten Ende August einen Verhaltenskodex beraten.

Der Münchner Kardinal Friedrich Wetter erklärte, die Anhänger der alten Messform würden mit der "Weite des katholischen Herzens" angenommen und müssten ihrerseits die Gültigkeit und Heiligkeit der erneuerten Liturgie anerkennen. Der Trierer Bischof Reinhard Marx sagte, die Feier der Gemeindemesse folge auch künftig "grundsätzlich" der erneuerten Form. Es gehe dem Papst nicht um einfache Rückkehr zum Alten. Liturgie sei kein Museum, sondern lebendiges Geschehen.

Papst Benedikt XVI. erleichterte mit dem Motu Proprio "Summorum pontificum" die Feier der alten lateinischen Messe. Damit ist ab 14. September die in der Kirchensprache Latein gefeierte vorkonziliare Messform von 1962 als "außerordentliche Form der Liturgie der Kirche" zugelassen. Der Priester feiert dabei mit dem Rücken zur Gemeinde, die eine passivere Rolle hat.

"Versöhnung und Einheit"
Die heute zumeist übliche deutsche Volksmesse, so der Papst, bleibe aber die ordentliche Form der Messfeier. Die vorkonziliare Feier und die Messform von 1970 seien zwei Anwendungsformen des einen römischen Ritus, unterstrich Benedikt XVI. In der Liturgiegeschichte dürfe es keinen Bruch geben. "Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß! Es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein." Die breite Wiederzulassung der alten Messform solle aber nicht die Bedeutung des Konzils und der Liturgiereform von 1970 antasten. Es gehe ihm um Versöhnung und Einheit in der Kirche.

Mit der neuen Regelung haben Gemeindepfarrer künftig Bitten nach der alten Messe "bereitwillig aufzunehmen" und auf das Wohl traditionsverbundener Katholiken zu achten. Voraussetzung ist, dass in der Pfarrei eine solche Gruppe "dauerhaft existiert". Wo Gläubige mit diesem Wunsch auf Ablehnung stoßen, dürfen sie Unterstützung von ihrem Bischof verlangen. Bei weiteren Schwierigkeiten soll die 1988 errichtete vatikanische Kommission "Ecclesia Dei" (Kirche Gottes), bisher für die Wiedereingliederung ehemaliger Anhänger des exkommunizierten Erzbischofs Marcel Lefebvre zuständig, für eine Lösung sorgen.

Der Leiter von "Ecclesia Dei", Kurienkardinal Dario Castrillon Hoyos, hob hervor, Benedikt XVI. habe "die Türen zur Rückkehr der lefebvrianischen Gläubigen geöffnet". Der Papst wolle den Bedürfnissen vieler Gläubiger entgegenkommen, sagte Hoyos der italienischen Tageszeitung "Il Giornale". Der französische Kurienkardinal Paul Poupard sagte in "La Repubblica", Benedikt XVI. wolle eine "schmerzende Wunde" in der Kirche heilen. Dagegen sprach Bischof Luca Brandolini, Mitglied der Liturgiekommission der Italienischen Bischofskonferenz, von einem "traurigen Tag".

"Günstiges Klima für Annäherung"
Unterschiedliche Signale sendeten die von Rom abgespaltenen Traditionalisten aus. Der Generalobere Bernard Fellay dankte Benedikt XVI. und sprach in einer Erklärung von einem "günstigen Klima" für eine Annäherung. Zugleich fordert er die Aufhebung der Exkommunikationen gegen die unerlaubt zum Bischof geweihten Geistlichen der Bruderschaft, zu denen er selber zählt. Der Leiter der Traditionalisten-Bruderschaft in Italien, Davide Pagliarani, bekräftigte derweil die strikte Absage an jegliche Messfeier in Volkssprachen und forderte, man müsse sich nun auch anderen "Abirrungen" des Konzils zuwenden.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) begrüßte das Schreiben des Papstes. Präsident Hans Joachim Meyer betonte, die seit 1970 meist übliche Messfeier bleibe "weiterhin die einzige ordentliche liturgische Ausdrucksform der katholischen Kirche". "Wir sind Kirche" erklärte, man befürchte eine Spaltung in Gemeinden, Bistümern und der gesamten katholischen Kirche. Der Papst hätte von den Traditionalisten eine volle Zustimmung zu den Ergebnissen des Konzils fordern müssen, erklärte die Bewegung.

Im Erzbistum Köln haben katholische Gläubige, die in Einheit mit dem Papst und den mit ihm verbundenen Bischöfen die Messe nach dem außerordentlichen Ritus feiern möchten, bereits seit Jahren nahezu täglich die Gelegenheit dazu, nachdem Kardinal Joachim Meisner Kirchen in Bonn, Düsseldorf und Köln dazu bestimmt hat.