Zum 20. Mal ist die Ökumenische Jury bei der Berlinale vertreten

Der Frommste gewinnt nicht unbedingt...

Blitzlichtgewitter bei der Berlinale, dem deutschen Filmfestival in der Hauptstadt. Der Wettbewerb um die begehrten Bären ist im vollen Gange. Auch für die Kirchen ist das Filmfestival längst ein fester Termin im Kalender. Zum 20. Mal sind sie mit einer eigenen Ökumenischen Jury vertreten.

Autor/in:
Christoph Scholz
 (DR)

Das Jubiläum wollten die Kirchen beim Ökumenischen Filmempfang am Sonntag in der Berliner Katholischen Akademie begehen.



Die Jurymitglieder werden alljährlich von der Internationalen Katholischen Vereinigung für Kommunikation Signis und der Internationalen Kirchlichen Filmorganisation Interfilm berufen. Die erste Ökumenische Jury entstand 1992 nach Gesprächen mit dem damaligen Festivalleiter Moritz de Hadeln. Die Präsenz der Kirchen reicht allerdings weiter zurück. Signis stellte bereits 1954 die erste unabhängige Jury überhaupt bei den Filmfestspielen. 1963 kam dann Interfilm hinzu.



Nicht der möglichst fromme Film gewinnt

Mit der ökumenischen Zusammenarbeit folgte die kirchliche Filmarbeit bei der Berlinale den Festspielen von Locarno und Cannes, wo die Kirchen bereits Mitte der 70er Jahre ein gemeinsames Gremium etablierten. Ihnen geht es dabei nicht um möglichst fromme Filme, wie es der katholische Medienbischof Gebhard Fürst zur 60. Berlinale formulierte. Die Kirchen wollen aber Anstöße würdigen, die helfen, die Welt friedlicher und gerechter zu machen und die "auf ihre Weise die Botschaft des Jesus von Nazareth" umsetzen. So ehrt die Jury Filmschaffende, "die in ihren Filmen ein menschliches Verhalten oder Zeugnis zum Ausdruck bringen, das mit dem Evangelium in Einklang steht, oder die für spirituelle, menschliche und soziale Werte sensibilisieren", wie es offiziell heißt.



Dazu vergibt sie einen undotierten Hauptpreis für einen Film aus dem Wettbewerb, sowie je einen mit 2.500 Euro dotierten Preis für einen Film aus der Sektion Panorama und aus dem Programm des Forums. In den vergangenen 20 Jahren wurden so insgesamt 79 Filme mit Preisen und Lobenden Erwähnungen ausgezeichnet.



Viele der bislang prämierten Filme gehören zum klassischen Kanon, wie "Die Kommissarin" oder "Central Station". Andere hatten unmittelbaren gesellschaftspolitischen Einfluss wie "Esmas Geheimnis - Grbavica", der von den Opfern systematischer Vergewaltigungen im Bosnienkrieg handelt.



Zumeist über menschliche Dramen oder sozialen Fragen

Unter den Regisseuren finden sich bekannte Namen wie Ken Loach, Bertrand Tavernier, Zhang Yimou oder Paul Greengrass. Besonders erfolgreich waren Filme aus Frankreich und Großbritannien, aber auch aus Osteuropa - zumeist über menschliche Dramen oder sozialen Fragen. US-amerikanische Produktionen, die Aushängeschilder vieler Festivals, kamen bei den Schiedsrichtern hingegen weniger an. Dasselbe gilt für Komödien.



Einige der Filme spielten und spielen nach ihrem Festivalerfolg eine wichtige Rolle in der kirchlichen Bildungsarbeit, wie etwa "Dead Man Walking" von Tim Robbins und "Sophie Scholl - Die letzten Tage" von Marc Rothemund. Freilich gab es auch umstrittene Entscheidungen, etwa die Prämierung von John Schlesingers "Midnight Cowboy" oder die Empfehlung für Jean-Luc Godards Werk "Maria und Joseph".



Die "Jubiläumsjury" ist wieder international besetzt. Präsident ist diesmal der Australier Peter Sheehan. Neben den deutschen Filmexperten Lothar Strüber und Dietmar Adler kommen die Mitglieder aus Italien, Großbritannien und Frankreich. Für sie bedeuten die zehn Tage einen Einsatz von früh bis spät in die Nacht. Täglich müssen sie vier bis fünf Filme anzuschauen, um zumindest einen Bruchteil der rund 400 Werke zu sichten, die auf den Filmfestspielen laufen. Zum 20. Jubiläum gibt es aber noch eine weitere Aufgabe für die Vertreter der kirchlichen Filmarbeit. Sie wirken in diesem Jahr auch beim ZDF-Fernsehgottesdienst mit, der erstmals zu einer Berlinale am Sonntagmorgen um 9.30 Uhr aus der Heilig Kreuz Gemeinde in Berlin-Wilmersdorf übertragen wird.