Zum 100. Geburtstag von Beatnik-Pionier Jack Kerouac

"... weil wir gefallene Engel sind?"

Seine Beerdigung besuchten Musikgrößen wie Bob Dylan, seinen bekanntesten Roman schrieb er auf einer einzigen langen Papierbahn. Vor 100 Jahren wurde der amerikanische Schriftsteller Jack Kerouac geboren.

Autor/in:
Paula Konersmann
US-Autor Jack Kerouac / © Globe Photos/Zuma Press (dpa)
US-Autor Jack Kerouac / © Globe Photos/Zuma Press ( dpa )

Rod Stewart ist mit über 150 Millionen verkauften Tonträgern einer der erfolgreichsten britischen Musiker. In den 1960er Jahren war das noch nicht unbedingt absehbar. Damals sei er ein Beatnik gewesen, sagte Stewart im Frühjahr der "Süddeutschen Zeitung". "Es ging um eine rebellische Haltung", erklärte er. "Ich wollte einfach so sein wie Jack Kerouac."

Einfach so sein wie Jack Kerouac: Davon träumten viele junge Menschen in den Swingin' Sixties. Der Schriftsteller, der den Begriff der "Beat Generation" schon 1948 geprägt hatte, sollte dieses Jahrzehnt nicht überleben. Am Samstag jährt sich sein Geburtstag zum 100. Mal.

Einer der ersten Vertreter der Popliteratur

Geboren 1922 in einer franko-kanadischen Familie katholischen Glaubens, verlor Jack als vierjähriger Junge seinen großen Bruder - eines von vielen biografischen Ereignissen, das er später in Literatur verwandelte. Während des Zweiten Weltkriegs diente er in der Handelsmarine, nachdem er auf der Universität Allen Ginsberg und Wiliam S. Burroughs begegnet war.

Die drei gelten heute als wichtigste Autoren der "Beat Generation". Ihr Stil zeichnet sich durch subjektiv-emotionale Schilderungen aus, ihre Gedichte und Prosastücke gleichen oft einem rhythmischen, schier atemlosen Bewusstseinsstrom. Vielfach wurden sie als erste Vertreter von Popliteratur bezeichnet.

Wie ein Roadtrip zum Durchbruch verhalf

Bebop-Musik und Jazz, Drogen und der Zen-Buddhismus faszinierten Kerouac. Zur wichtigsten Quelle seiner Inspiration wurde jedoch ein Roadtrip durch die USA - mit Neal Cassady, der in mehreren Beatnik-Texten auftaucht. So auch in Kerouacs Roman "Unterwegs" (1957), der ihm zum Durchbruch verhalf und bis heute als Manifest der Bewegung gilt: Der Erzähler reist mit Dean Moriarty, jener Cassady nachempfundenen Figur, die ihrerseits zum Vorbild für zahlreiche Lieder, Roman- und Filmfiguren werden sollte.

Die rastlos-unkonventionelle Geschichte entstand innerhalb von drei Wochen auf einer einzigen langen Papierrolle. 2001 wurde dieses Manuskript des "Kultbuchs der Subkultur" für 2,4 Millionen US-Dollar versteigert; gelegentlich ist es in Ausstellungen zu sehen.

Für den Autor selbst begann mit dem Ruhm der Niedergang. Kerouac nahm ausbleibende oder negative Kritik persönlich und verachtete die einsetzende Kommerzialisierung der Beatnik-Bewegung. Er wollte nicht als "King of the Beats" gefeiert werden, wenn doch niemand seine Idee einer unverfälschten Form von Literatur ("spontaneous prose") verstand. Er trank mehr und mehr Alkohol, war zumeist pleite und lebte bei seiner Mutter. Mit ihr und seiner dritten Ehefrau zog er schließlich nach Florida, wo er mit 47 Jahren starb.

Wirkung auf die Popkultur

Kerouacs Sprache sei "immer noch berührend", schrieb die "taz" einmal; die "New York Times" bezeichnete "Unterwegs" als "Testament der 'Beat Generation'", das "Passagen von beinahe atemberaubender Schönheit" enthalte. Die Wirkung des Romans für die Popkultur lässt sich kaum leugnen: Bestseller-Autor T.C. Boyle etwa verfasste eine Kurzgeschichte um zwei Ausreißer, die Kerouac einen Besuch abstatten. Schauspieler Johnny Depp bezeichnete "Unterwegs" einmal als seinen "Koran", der sein Leben verändert habe. Und durch das gesamte Werk von Musiker und Literaturnobelpreisträger Bob Dylan zieht sich das Motiv einer Existenz "on the road".

Kerouac und der Glaube

Mit Glaube und Religion befasste sich Kerouac eher punktuell - im Einzelfall allerdings durchaus intensiv. "Ich erinnere mich an die übermächtige Verzweiflung, als ich 21 war", schrieb er einmal. "Mich fragend, ob Gott ein persönlicher Gott ist, der richtig persönlich Sorge trägt, was uns geschieht. Jedem Einzelnen von uns. Uns Bürden auferlegt? Uns der Zeit aussetzt? Dem schreienden Grauen des Geborenwerdens und dem unerträglichen Ausgeliefertsein an den verheißenen Tod? Und warum? Weil wir gefallene Engel sind? Engel, die fielen, weil sie im Himmel sagten: 'Der Himmel ist herrlich, nur müsste es ihn auch geben'? Aber kannst du dich erinnern, kann ich mich erinnern, so etwas je getan zu haben?" Existenzielle Fragen, die der Mensch allein kaum wird beantworten können.

Quelle:
KNA