Digitaler Nachlass in den sozialen Medien

"Zu Lebzeiten Gedanken machen"

Wenn ein Mensch stirbt, was passiert dann eigentlich mit seinem Facebook-Profil oder mit seinem Netflix-Abo? Fragen des digitalen Nachlasses nehmen in der Gesellschaft immer mehr Bedeutung ein.

Digitaler Nachlass / © stockwerk-fotodesign (shutterstock)
Digitaler Nachlass / © stockwerk-fotodesign ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie geht man mit der Frage des digitalen Nachlasses um?

Birgit Aurelia Janetzky (Theologin, Inhaberin von Semno Consulting und Expertin für digitalen Nachlass): Wenn jemand verstorben ist, haben Angehörige immer häufiger mit diesem Problem zu tun, dass sie nicht wissen, wie sie an die Daten auf den Geräten herankommen, was alles vorhanden ist und vor allen Dingen, was man dann später damit macht. Da ist dann die Frage, was sich lohnt zu bewahren und was besser gelöscht wird.

DOMRADIO.DE: Wie komme ich denn zum Beispiel an die Daten. Das ist ja alles durch Passwörter geschützt, oder?

Janetzky: Ja, das ist die erste Hürde: Passwortschutz, Verschlüsselung und die Frage: Wo sind die Geräte? Man muss sich aber auch fragen: Will ich da überhaupt alles wissen? Muss ich da alles wissen? Wie ist die Ordnung auf dem PC oder auf dem Laptop? Wo sind eigentlich wichtige Daten abgelegt? Das ist die ersten Fragen, die es zu beantworten gilt.

DOMRADIO.DE: Was raten Sie da im Umgang? Was ist Ihrer Meinung nach der beste Weg dafür?

Janetzky: Das Allerbeste ist natürlich, wenn man sich schon zu Lebzeiten Gedanken darüber macht und dann entsprechende Vorsorgen trifft. Das entlastet jeden selber und vor allen Dingen sind dann auch die Angehörigen entlastet, wenn sie hinterher aufräumen sollen in den Datensachen.

DOMRADIO.DE: Also braucht man dann eine Art digitales Testament?

Janetzky: Ja, genau.

DOMRADIO.DE: Wie sieht das aus? Wie macht man das?

Janetzky: Zunächst ist wichtig, dass es ein gutes Passwort- und Account-Management gibt. Wo ist man überall digital vertreten? Das sollte man hinterlegen und aktuell halten. Dann muss man sich Gedanken machen über Prioritäten, sodass eine Orientierung da ist, was von den Daten wichtig ist, und was davon eher vernachlässigt werden kann. Und dann muss man das Ganze durch Vollmachten absichern, um festzulegen, wer überhaupt dann später handlungsberechtigt ist. Man definiert auch, wer das dann auflösen soll. Ob das an ein Unternehmen, die es inzwischen auch schon gibt, abgegeben werden soll. Da gibt es so eine schrittweise sinnvolle Reihenfolge, dass die Bearbeitung später erleichtert ist.

DOMRADIO.DE: Aber ich vermute mal, wir sind an dem Punkt, wo es ja noch nicht so wirklich das Patentrezept für diese Problematik gibt?

Janetzky: Nein, jeder nutzt das Internet ganz unterschiedlich, in einem unterschiedlichen Umfang, eher vorsichtig oder mit vielen persönlichen Profilen oder vielleicht sogar einem eigenen Blog. Oder man hat auch noch eine berufliche Nutzung. Hier muss man immer im Einzelfall schauen, worum geht es eigentlich, was ist im digitalen Nachlass enthalten. 

DOMRADIO.DE: Sie sind nicht bloß Trauerbegleiterin, Sie sind auch Theologin. Das Thema Sterben ist ja ein Tabuthema in der Gesellschaft. Das Gedenken spielt für uns Christen aber auch eine große Rolle. Gibt es auch die Möglichkeit, dass das einen anderen Umgang mit dem Thema bringt?

Janetzky: Natürlich, es ist sinnvoll, dass wir über diese Dinge sprechen. Auch was es bedeutet, dass es im Todesfall jetzt die digitalen Hinterlassenschaften gibt. Das ist etwas, das im Internet einfach weiter existiert, auch wenn die Person schon lange gestorben ist.

DOMRADIO.DE: Es gibt ja zum Beispiel auch die Möglichkeit ein Facebook-Profil zu so einer Art Gedenkprofil zu machen?

Janetzky: Facebook ist eines der Unternehmen, die sich Gedanken gemacht haben, wie man auch hier Menschen unterstützen und Erinnerung bewahren kann. Das ist für Facebook als soziales Netzwerk auch sinnvoll. Für andere ist es nicht sinnvoll. Man muss zum Beispiel an anderer Stelle oft Guthaben und Werte auflösen. Als Guthaben gibt es zum Beispiel einen PayPal-Account oder irgendwelche Bonuspunkte. Das kann man alles auf die Angehörigen übertragen. Man muss sich halt kümmern.

DOMRADIO.DE: Wie wird sich das in den nächsten Jahren entwickeln? Das ist ein Thema, das eher noch an Bedeutung gewinnen wird, richtig?

Janetzky: Das wird sicher noch ein Riesenthema werden. Die jetzigen 1920er und 1930er Jahrgänge, die jetzt nach und nach sterben, haben das Internet noch nicht so viel genutzt. Das sind nur Einzelne. Aber wenn dann die jüngeren Generation, die jetzigen Babyboomer, dann irgendwann ins Sterbealter kommen, dann bringen die schon eine ganze Menge mehr an Internetnutzung mit und Nutzung der Medien. Und wenn es dann jüngere Leute betrifft, dann sind es noch mehr. Da sind inzwischen etwa 98 Prozent der jungen Leute regelmäßig im Internet.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Birgit Aurelia Janetzky (Expertin für Digitalen Nachlass) / © N.N. (privat)
Birgit Aurelia Janetzky (Expertin für Digitalen Nachlass) / © N.N. ( privat )
Quelle:
DR