Zu Besuch im traditionalistischen Priesterseminar Zaitzkofen

In schwarzer Soutane auf glattem Eis

Seit 1978 ist im ehemaligen Schloss der Grafen Montgelas im oberpfälzischen Zaitzkofen knapp 30 Kilometer südlich von Regensburg das Priesterseminar Herz Jesu der traditionalistischen Bruderschaft Pius X. untergebracht - das einzige im deutschen Sprachraum. Hier wurde das Skandal-Interview mit Traditionalisten-Bischof Richard Williamson aufgezeichnet. Ein Besuch.

Autor/in:
Hans-Georg Becker
 (DR)

Auf dem gefrorenen Weiher im Schlosspark geht es rasant zu: Eishockey ist angesagt. Aber statt üppig gepolsterter Kufencracks jagen junge Männer in wehenden schwarzen Soutanen dem Puck nach. Es sind Theologiestudenten, die sich in Zaitzkofen aufs Priestertum vorbereiten. 22 Schützlinge hat Regens Stefan Frey derzeit. Der Schweizer gehörte
1978 zu den ersten Seminaristen in Zaitzkofen. Seither haben hier über 100 junge Männer ihre Ausbildung durchlaufen.

Die Priesterbruderschaft gibt es seit 1970. Gegründet wurde sie vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre. Der hatte zwar das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965) bis zum Ende mitgemacht, es später jedoch als verhängnisvollen Irrweg empfunden und sich auf die Tradition der Kirche besonnen - so wie er sie verstand. Neuerungen wie die Einführung der Volkssprache in die Liturgie lehnte er als modernistische Ketzerei ab. Als Lefebvre 1988 unerlaubt vier Priester zu Bischöfen weihte, zog Rom den Trennungsstrich und exkommunizierte die fünf.

Die Zaitzkofener Studenten sind bis aufs i-Tüpfelchen der Priesterausbildung nach den Maßgaben des Konzils von Trient (1545 bis 1563) unterworfen. Der Tag beginnt um 6 Uhr früh mit dem Morgengebet und endet Punkt 22 Uhr. Dann heißt es strikt: Licht aus. Natürlich verlange die strenge Ordnung Opfer, meint Andreas Jaindl. Doch "wenn man ein Ziel vor Augen hat, dann nimmt man auch die notwendigen Mittel dazu in Kauf". Der 24-jährige Österreicher ist der Bruderschaft von Kindesbeinen an verbunden.

Der Südtiroler Elias Stolz (26) studierte in Bonn Musik, bevor er die Bruderschaft kennenlernte. Auch er findet die Vorgaben hilfreich und beruft sich auf Papst Pius X. Der habe gesagt, die Heiligkeit des Priesters sei wichtiger als die wissenschaftliche Ausbildung. Das Leben im Seminar ist schlicht. Wichtig ist, dass jeder sein eigenes Zimmer hat. Gegessen wird Hausmannskost, dreimal in der Woche fleischlos.

Die Piusbrüder von Zaitzkofen legen Wert auf wirtschaftliche Unabhängigkeit. Das müssen sie auch, weil sie keine Kirchensteuern zur Verfügung haben. "Wir finanzieren uns ausschließlich durch Spenden oder auch Erbschaften", sagt Pater Frey. In den ausgedehnten Gartenanlagen des Schlosses gedeihen Obst und Gemüse. Die hauseigene Schreinerei hat nicht nur die Sakristei möbliert, sondern ist auch in der Region gefragt. Neben derzeit sechs Priestern sorgen neun handwerklich vorgebildete Laienbrüder dafür, dass der Laden läuft.

Ins Gerede kam Zaitzkofen in jüngster Zeit durch ein Fernsehinterview, das Traditionalisten-Bischof Richard Williamson hier am 1. November einem schwedischen Fernsehsender gab. Es wurde erst vor einer Woche ausgestrahlt. In dem sechsminütigen Gespräch leugnete Williamson den Holocaust. Allenfalls 300.000 Juden seien in den Konzentrationslagern der Nazis umgekommen, Gaskammern habe es nie gegeben. Die Regensburger Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Volksverhetzung.

Regens Frey sagt, die Äußerungen des Bischofs seien dessen Privatmeinung, für die er selbst verantwortlich sei. "Sie spiegeln in keiner Weise die Haltung der Priesterbruderschaft wider." Und: "Wir distanzieren uns von jeder Form von Rassismus und Antisemitismus."

Die Aufhebung der Exkommunikation ihrer vier Bischöfe durch den Papst feierte die Bruderschaft am Sonntag mit einem festlichen Dankgottesdienst. Dass es nach wie vor erhebliche theologische Divergenzen gibt, bestätigt Pater Frey. Ökumenismus, interreligiöser Dialog und Gewissensfreiheit, Früchte des Zweiten Vatikanischen Konzils, gelten den Pius-Brüdern nach wie vor als Häresien. "Da müssen natürlich noch weitere Gespräche stattfinden", sagt der Regens.