Zsuzsa Bánk über `Sterben im Sommer’

“Der Tod ist an mich herangerückt”

“Mein Vater hat die Familie zusammengehalten, um ihn haben wir uns gerankt, … . Das Leben ohne ihn müssen wir noch erfinden". In Ihrem Buch “Sterben im Sommer” erzählt Zsuzsa Bánk vom Sterben und Tod ihres Vaters.

 (DR)

“Ich bin eine ganze Zeit lang durchs Leben gegangen, ohne über Sterben und Tod nachzudenken, ohne mir das sehr konkret vorstellen zu können. Und jetzt ist es vorstellbar. Ich weiß jetzt, das wird passieren”, sagt Zsuzsa Bánk im DOMRADIO.DE Interview. Für die Autorin haben Sterben und Tod eine andere, eine persönliche Realität bekommen, seit ihr Vater gestorben ist. “Diese Konstante, die es immer in meinem Leben gegeben hat, ist weggebrochen”, sagt sie. “Das Leben kannte ich nicht anders - so wie jedes Kind, das Eltern hat. Wir werden geboren und haben Eltern, wir wachsen auf. Ich bin sogar älter geworden mit meinem Vater. Wenn diese Konstante wegbricht, verändert das natürlich auch etwas in einem selbständigen, selbstbestimmten Leben als erwachsener Mensch”. Zsuzsa Bánk fasst diese Veränderung so zusammen: “Wir werden die nächsten sein. Wir sind die nächste Generation, und wir rücken näher an den Tod heran”.

Ich habe eine große Portion Gottvertrauen

In Ihrem Buch erzählt die Autorin auch, welche Rolle der Glaube an Gott in diesem letzten Jahr mit ihrem Vater und in der Zeit danach gespielt hat. Sie sagt, sie sei ein gläubiger Mensch mit einer großen Portion Gottvertrauen. Im Buch betet sie. Sie hadert aber auch mit Gott, zweifelt, sie spricht ihn direkt an. “Es gab immer diese letzte Instanz, an die ich mich gewendet habe”, erklärt sie. “In diesem Jahr des Sterbens habe ich mich oft in Verzweiflung in ein Gebet, ich will nicht sagen, geflüchtet, aber ich habe in Verzweiflung gebetet. Das war eine letzte Möglichkeit, sich im Gebet an etwas Fernes, Übergeordnetes, wie immer wir es auch benennen wollen, wenden zu können, das ist schon essenziell”.

Wie der Himmel aussehen könnte?

In Ihrem Buch “Sterben im Sommer” stellt Zsuzsa Bánk nie in Frage, dass es einen Himmel, ein Jenseits gibt, einen Ort also, an dem sich Ihr Vater nach dem Tod - in welcher Form auch immer - aufhält. “Ich denke nicht, dass es nach dem Sterben absolut nichts gibt. Wie der Himmel aussieht? Davon habe ich natürlich keine Vorstellung”, sagt die Autorin. “Aber ich habe versucht, Bilder dafür zu finden, wie sein Himmel aussehen könnte. Ich glaube, es ist eher ein Ort, an dem es keinen Schmerz gibt. Es gibt keinen physischen Schmerz, und es gibt auch keinen emotionalen Schmerz mehr. Das ist eine Welt ohne Schmerz, dieses Jenseits”.

Rituale als Eckpunkte des Abschieds

Wichtig für Zsuzsa Bánk waren auch christliche Rituale. Nicht nur die Beerdigung und das Gebet auf dem Friedhof, sondern auch der Gedenkgottesdienst für die Verstorbenen. “Das waren so kleine Eckpunkte des Abschieds, ohne die das sehr viel trauriger gewesen wäre. Das finde ich ganz entscheidend, mir hat das sehr geholfen, und ich habe gerne jedes dieser Angebote wahrgenommen”, sagt sie.

Augenblicke des inneren Friedens

Im Jahr nach dem Tod Ihres Vaters geht Zsuzsa Bánk am Ostersonntag zum Grab ihres Vaters auf den Friedhof. Zum ersten Mal fühlt sie sich dort entspannter, nicht mehr so gehetzt, nicht mehr so mit dem Tod im Nacken. Sie schreibt: “Nichts drängt mich aufzubrechen. Ich bin ohne Eile. Ich habe Zeit. Es ist Ostern”. Möglicherweise habe es da einen Zeitpunkt gegeben, an dem sie das ganz konkret habe spüren können, sagt die Autorin. “Bei mir war das zufällig oder nicht zufällig an Ostern auf dem Friedhof, und ich fühlte mich, das klingt jetzt so groß, aber ich glaube, ich fühlte mich in Frieden damit.”


Quelle:
DR