Zentralrat der Juden fordert Absetzung in Mülheim

Eklat um Fassbinder-Stück

Zwei Wochen vor der Premiere des in Teilen als antisemitisch kritisierten Stücks "Der Müll, die Stadt und der Tod" von Rainer Werner Fassbinder am Theater Mülheim/Ruhr macht das bislang noch nie in Deutschland gezeigte Stück heftige Schlagzeilen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland sowie die örtliche Jüdische Gemeinde Duisburg/Mülheim haben die Absetzung des Stücks vom Spielplan gefordert.

 (DR)

Auch der evangelische Kirchenkreis An der Ruhr äußerte die Befürchtung, dass im Falle einer Aufführung der Schaden größer sei als der Anspruch auf künstlerische Freiheit. Am Sonntag stellt Intendant und Regisseur Roberto Ciulli auf einer öffentlichen Matinee das vermeintliche Skandalstück vor. Die Premiere soll am 1. Oktober stattfinden.

Der frühere Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Ignatz Bubis, hatte 1985 die deutschsprachige Uraufführung des Theaterstücks in Frankfurt am Main verhindert. Bubis, der auch Immobilienmakler war, war wegen dieser Tätigkeit in den 1970er Jahren immer wieder Zielscheibe der öffentlichen Kritik im Konflikt zwischen Stadtentwicklung und Anwohnern. Er hatte damals erklärt, das Stück nutze «antisemitische Klischees». Ciulli hat die Forderungen nach einer Absetzung des 1975 geschriebenen Theaterstücks bislang abgelehnt. Auch 1998 kam eine Aufführung am Berliner Maxim-Gorki-Theater nicht zustande. Uraufgeführt wurde das Stück schließlich 1987 in New York und wurde danach auch schon an einer israelischen Bühne in Tel Aviv aufgeführt.

Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden, Stephan Kramer, erklärte, der Versuch von Ciulli sei gescheitert, im Rahmen seiner Neuinszenierung einen mahnenden Charakter gegen Antisemitismus und der Verbreitung von Klischees und Vorurteilen gegenüber Juden aus dem Fassbinder-Stück zu gewinnen. Aus Respekt vor den Überlebenden des Holocaust und den Millionen von Toten sollte auf die Aufführung des Stücks verzichtet werden, forderte Kramer.

Ciulli betonte, er wolle am Sonntag auf der Matinee sowohl das Stück als auch seine Intention für die Inszenierung vorstellen. Auch in der Lokalpolitik der Ruhrgebietsstadt gibt es unterschiedliche Reaktionen, die von Absetzung des Stücks bis hin zu Verteidigung des Rechts auf künstlerische Freiheit reichen.

Die Matinee im Theater Mülheim/Ruhr findet am Sonntag um 12 Uhr statt. Die Premiere des Stücks ist für den 1. Oktober um 19.30 Uhr geplant.