Zentralrat der Juden erwartet viel von Westerwelles Israel-Besuch

"Akzente der Versöhnung"

Der neue Außenminister Guido Westerwelle reist heute zu seinem Antrittsbesuch nach Israel. Auf dem Plan stehen ein Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem und Gespräche mit Staatspräsident Peres, Ministerpräsident Netanjahu und in Ramallah mit dem palästinesischen Ministerpräsidenten Salam Fajad. Der Zentralrat der Juden erwartet von Westerwelle kann "Akzente der Versöhnung".

 (DR)

Die Reaktionen der israelischen Regierung auf die Ernennung des neuen deutschen Außenministers seien sehr zurückhaltend gewesen, sagte Zentralsrats-Generalsekretär Stephan J. Kramer der «Passauer Neuen Presse». Ein Grund dafür sei, dass sich die Liberalen in der Debatte über mögliche Sanktionen gegen den Iran bisher sehr bedeckt gehalten hätten.

«Die FDP muss sich hier entscheiden zwischen den Interessen der deutschen Wirtschaft und dem Existenzrecht und den Sicherheitsbedürfnissen Israels», sagte Kramer. Guido Westerwelle sei bisher in der Nahostpolitik und in den Beziehungen zu Israel nicht besonders engagiert gewesen.
Möllemanns langer Schatten
Der Generalsekretär erinnerte auch an den 2003 gestorbenen liberalen Politiker Jürgen Möllemann und dessen scharfe Kritik an Israel sowie Angriffe gegen den damaligen Vizepräsidenten des jüdischen Zentralsrats, Michel Friedman. «Der Antisemitismusstreit von 2002 und die Affäre um Jürgen W. Möllemann sind nicht vergessen», sagte Kramer. Westerwelle habe sich damals viel zu spät distanziert und zunächst sogar auf den Erfolg dieser Kampagne gebaut.

«Da bleibt ein bitterer Beigeschmack», so Kramer. Mit der Möllemann-Affäre gibt es eine erhebliche Hypothek. Das schwebt immer noch wie ein Damoklesschwert über Guido Westerwelle und den Liberalen.« Jetzt gebe es die Möglichkeit, einen Klimawechsel in den Beziehungen zu Israel zu erreichen. Der Besuch könne dabei aber nur der erste Schritt auf einem langen Weg der Liberalen sein.

Anders als die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die eindruckvoll deutlich gemacht habe, wie eng ihre Beziehungen zum Staat Israel seien, habe Westerwelle »Nachholbedarf«, unterstrich der Vertreter des Zentralrats. Allerdings warnte er auch, der Außenminister dürfe sich jetzt nicht unter dem Druck dieses Besuches zu irgendwelchen Schnellschüssen hinreißen lassen. Er sollte »sich davor hüten, als Nahost-Vermittler auftreten zu wollen. Dafür hat er zu wenig Erfahrung."