Zeitversetzte Osterfeiern und jüdisches Pessach-Fest

Religiöses Potpourri in Jerusalem

Am österlichen "Tatort" herrschte an diesem Wochenende wildes liturgisches Durcheinander: Während die katholische Festgemeinde in der Jerusalemer Grabeskirche ihre österlichen Halleluja-Rufe anstimmte, überfluteten orthodoxe Gläubige das Gotteshaus mit Palmzweigen in den Händen für ihre Palmsonntags-Prozessionen. Der liturgische Kalender der Ostkirchen ließ den Anfang der Karwoche dieses Jahr just auf den Ostersonntag der Westkirchen fallen. Im zentralen christlichen Heiligtum Jerusalems, das sechs verschiedene Konfessionen miteinander teilen, fanden so beide hohen Festtage gleichzeitig statt.

Autor/in:
Gabi Fröhlich
 (DR)

Der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Fouad Twal, hatte in dem Kommen und Gehen rund um die Kapelle mit dem leeren Grab Jesu einige Mühe, seine Osterpredigt hörbar zu machen: Angesichts der vielen Opfer von Gewalt, Krankheiten und Naturkatastrophen könne die christliche Botschaft von der Osterfreude wie eine Zumutung wirken, rief er. Auch das Heilige Land sei durch den Krieg in Gaza «in Blut gebadet». Doch Christus habe das menschliche Leid mitgelitten und den Tod endgültig besiegt - darum hätten Christen auch in der Not Grund zur Freude.

Die Grabes- oder Auferstehungskirche gilt nach alter Tradition als der Ort, an dem Jesus gekreuzigt und begraben wurde, und wo er von den Toten auferstand. Mönche und Pilger der verschiedenen Konfessionen begehen dort die österlichen Festtage mit alten Riten, wie etwa der «Grablegungsprozession» der Franziskaner, bei der die Ordensleute eine hölzerne Jesus-Figur unter Trauergesängen vom Kreuz nehmen und in die Grabes-Kapelle tragen.

Die Osternacht mit dem Patriarchen wurde wie jedes Jahr bereits am frühen Samstagmorgen gefeiert, so wie es das alte Regelwerk des «Status quo» in der Kirche vorsieht: Hunderte von Osterkerzen erleuchteten die Rotunde um die Grabes-Kapelle unter den Halleluja-Gesängen der Gläubigen. Am selben Tag starteten die orthodoxen Christen ihre große Palmsonntags-Prozession: Hunderte von schwarz gekleideten Nonnen zogen, begleitet von Mönchen, Pilgern und einheimischen Gläubigen, mit geschmückten Olivenbaumzweigen und Palmwedeln über den Ölberg in die Altstadt.

Rhythmische Halleluja-Rufe und christliche Rock-Musik hingegen schallten am Ostersonntag aus dem Gelände mit dem sogenannten Gartengrab vor den Toren der Altstadt, das vor allem unter freikirchlichen Gruppierungen als der authentische Ort von Tod und Auferstehung Jesu gilt. Evangelikale Pilger aus den USA, den Philippinen und anderen Ländern wechselten sich mit ihren Predigern in dem kleinen Park mit einem antiken Grab ab, um Jesu Sieg über den Tod zu feiern.

Auf der entgegengesetzten Seite der Jerusalemer Altstadt drängten sich am selben Tag Tausende von Juden auf dem Platz vor der Klagemauer für den traditionellen Priestersegen. Dabei hielten die Nachfahren der alten Priesterklasse ihre weißen Gebetsschals über ihre Köpfe und segneten die Gläubigen mit den biblischen Worten: «Gott lasse sein Angesicht über dir leuchten und schenke dir Frieden».

Schon am Mittwoch hatten sich Zehntausende bei der Klagemauer versammelt, um die «Sonne zu segnen": Der Ritus mit dem Spruch «Gelobt sei, wer den Anfang macht» wird nur alle 28 Jahre zelebriert, wenn die Sonne auf dem Zenit steht - genauso wie an dem Tag, als Gott die Welt geschaffen hat. Nach jüdischer Zeitrechnung war das vor 5.769 Jahren. Am Donnerstag dann feierten die Juden mit dem Pessach-Fest den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten - unter verstärkten Sicherheitsvorkehrungen in der Stadt und vor allen Synagogen.