Von der Suche nach Glück in Krisenzeiten

Zeit des Wünschens

Die Corona-Pandemie bleibt zum Jahreswechsel ein beherrschendes Thema. Viele Menschen erscheinen genervt, der Winter trüb und bleiern. Wer in dieser Lage keine Lust auf gute Vorsätze hat, kann Neujahrswünsche festhalten.

Glückliche junge Menschen / © Syda Productions (shutterstock)
Glückliche junge Menschen / © Syda Productions ( shutterstock )

"Es kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft", heißt es in einem alten Song der Toten Hosen. Und wer die Band je live gesehen hat, wird sich daran erinnern, wie alle Anwesenden inbrünstig den Refrain anstimmen, bevor die Instrumente einsetzen - und aus einem Moment des Innehaltens eine schnelle, augenzwinkernde Punk-Rock-Nummer wird. Die vergangenen zwei Jahre haben sich gerade nicht wie diese besungene Zeit angefühlt. Vielleicht ist es gerade deshalb eine Wohltat, sich auf gute Wünsche zu besinnen.

Wer Wunschzettel für Kinderkram hält, irrt. Und unterschätzt die Jüngsten: So berichtete das Christkindpostamt im nordrhein-westfälischen Engelskirchen im vergangenen Jahr, dass das Coronavirus in vielen Briefen an das Christkind präsent gewesen sei. Auch in den Vorjahren wünschten sich Kinder zu Weihnachten nicht nur Spielsachen, sondern auch, "dass die Umwelt wieder gesund wird", "einen entspannten Papa" oder "gute Noten".

Klassische Tipps und neue Ideen

Auf einer entsprechenden Neujahrsliste von Erwachsenen könnten Ziele stehen, aber auch Hoffnungen und das, "was wir uns im Innersten ersehnen", schreibt Ariadne von Schirach in ihrem Buch "Glücksversuche". Es gehe darum, sich selbst richtig zuzuhören - und auch unmäßige Wünsche festzuhalten, etwa: "Ich würde gerne fliegen können". Aus anderen Wünschen kann möglicherweise ein konkretes Engagement erwachsen, zum Beispiel, wenn es um das Verlangen nach einer gerechteren Welt oder einer sauberen Natur geht.

Bewusst darüber nachzudenken, wie Menschen miteinander und mit ihrer Umwelt leben wollten, sei "der Anfang von Glück", sagte die Autorin kürzlich der Zeitung "Welt". Angesichts des Leids in Krisengebieten wüssten viele Menschen nicht, was sie tun könnten. "Gleichzeitig gibt es im eigenen Leben immer wieder Berührungen mit Menschen, denen man konkret helfen kann. Dort, wo man ist, vor der eigenen Haustür."

Vor lauter Selbstoptimierung das Ich verlieren

Von Schirach beobachtet nach eigenen Worten einen Trend zu einem Zusammenschluss von Spiritualität und Wellness. "Ich habe dafür ein Wort erfunden: 'Spiritualness'." Dies bedeute für sie, "spirituelle Techniken zur Selbstoptimierung zu nutzen", etwa Yoga für die körperliche Fitness oder Meditation, um besser "performen" zu können. "Mir fehlt da die Güte", kritisiert die Autorin: "Wenn du vor lauter Arbeit an dir selbst nicht mehr zum anderen findest, bist du auf dem Holzweg."

Dagegen sei es ein "alter Trick der Philosophie", sich an die eigene Sterblichkeit zu erinnern. "Der Tod macht dir klar, dass das Leben kurz ist und dass es an dir selbst liegt, was du aus diesem Leben machst." Dieser Gedanke könne Entschlossenheit und zugleich Leichtigkeit schenken: "Gestehe deine Liebe, kündige deinen Job, ... Es ist egal, wir sterben!"

An seinem Glück kann man arbeiten

Doch nicht immer geht es um die großen Baustellen, um Unzufriedenheit in der Beziehung oder bei der Arbeit. Oft genug fällt es Menschen schwer, das kleine Glück im Alltag zu erkennen. "Glück passiert, wenn du aufhörst, es zu suchen", sagt Gina Schöler. Als "Glücksministerin" bietet sie etwa Impulsvorträge, Workshops und Coaching an - und hat vor kurzem "Glück doch mal!" veröffentlicht, ein sogenanntes Workbook mit 99 Ideen zur aktiven Gestaltung eines guten Lebens.

Die Anregungen reichen von "Klassikern" wie achtsamem Atmen bis zu Vorschlägen für kleine Überraschungen, über die sich etwa Nachbarn freuen könnten. Manche Idee mag - ähnlich wie die Wunschliste - an Kinderzeiten erinnern, etwa eine Buchseite mit ausstanzbarem Konfetti. Nicht umsonst betont die Autorin, dass sie kein pauschales Glücksrezept anbieten wolle - und auch keine To-Do-Liste, deren Abarbeitung zu einem perfekten Leben verhelfe. Vielmehr solle das Buch dabei helfen, "dein inneres Kind zu kitzeln, frische Gedanken zu entwickeln" und auch einmal etwas auszuprobieren.

Ideen für Wunschzettel sind ebenfalls dabei: Schöler regt etwa an, das eigene "Wunsch-Ich" zu visualisieren und sich davon inspirieren zu lassen - oder dazu, eine Liste von Schlagzeilen anzulegen, die man gerne einmal lesen würde. "Corona-Pandemie weltweit ausgestanden", könnte ja eine davon lauten.

Von Paula Konersmann


Post an das Christkind / © Deliciosa (shutterstock)
Quelle:
KNA