Zehntausende Flüchtlinge - Hilfe für Opfer läuft weiter

Russland stoppt Angriffe auf Georgien

Russische Nachrichtenagenturen melden, Präsident Medwedew habe den Militäreinsatz in Georgien gestoppt. Der "georgische Aggressor" sei bestraft. Die Sicherheit der russischen UN-Soldaten und der russischen Staatsbürger in Südossetien sei gewährleistet. Die Truppen seien aber bereit, die Kampfhandlungen jederzeit wieder aufzunehmen. Georgien berichtet, dass auch nach der Ankündigung noch drei Dörfer bombadiert worden seien.

 (DR)

Für die notleidende Zivilbevölkerung im Kriegsgebiet von Georgien sind inzwischen zahlreiche Hilfsaktionen gestartet worden. Ein Stopp der Kampfhandlungen wird ihre Arbeit erleichtern. Das Auswärtige Amt stellte eine Million Euro zur Verfügung, wie es am Montag in Berlin mitteilte. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) begann mit der Verteilung von Lebensmitteln an Vertriebene. Die kirchlichen Wohlfahrtsorganisationen Caritas und Diakonie unterstützen Partner-Institutionen vor Ort.

Die Gelder des Außenamtes gehen an das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und das Internationale Rote Kreuz, wie es hieß. Finanziert würden damit Notunterkünfte, medizinische Notversorgung sowie weitere Hilfsgüter für die geflohenen Menschen. Das WFP hatte nach eigenen Angaben bisher Schwierigkeiten, wegen der russischen Luftangriffe die Bedürftigen zu erreichen. Deshalb erhielten auch andere humanitäre Organisationen logistische Unterstützung.

Caritas International stellte 50.000 Euro Soforthilfe für Opfer der Kampfhandlungen zur Verfügung. Die Mitarbeiter der Caritas Georgien würden Soforthilfen für die Betroffenen in Südossetien, Georgien und Abchasien vorbereiten, teilte das katholische Hilfswerk mit. Die Katastrophenhilfe-Expertin der Caritas Georgien, Liana Mkheidze, rechnet nach den Bombardierungen im Osten und Westen Georgiens mit einer hohen Zahl an Opfern unter der Zivilbevölkerung. Es sei jedoch sehr schwierig, genaue Informationen zu erhalten, da die Telefonnetze teilweise zusammengebrochen seien.

Die Diakonie Katastrophenhilfe teilte mit, dass Zehntausende Menschen aus der abtrünnigen Provinz Südossetien ins russische Nordossetien oder nach Georgien fliehen. Die Katastrophenhilfe unterstützt im Südkaukasus lokale Partner bei der Hilfe für Kriegsopfer im Norden Georgiens. Vor allem benötigten die völlig verängstigten Flüchtlinge Lebensmittel, Trinkwasser, Haushaltsartikel, Kleider, Decken und Zelte. Der Vertreter der Diakonie Katastrophenhilfe in Georgien berichtet von inzwischen bis zu 15.000 Flüchtlingen in der georgischen Hauptstadt Tiflis.

Nach Angaben der der russisch-orthodoxen Kirche suchten rund 22.000 Flüchtlinge im russischen Nordossetien Zuflucht. «Sie haben ihre Häuser oft in Hausschuhen und Schlafanzügen verlassen müssen», berichtete Margarita Nelyubova, Hilfskoordinatorin des Moskauer Patriarchats. «Andere haben sich drei Tage lang in Kellern versteckt», fügte sie hinzu. Viele Häuser seien zerstört worden.
Nach Angaben von Nelyubova wird die russisch-orthodoxe Kirche Nothilfe leisten.

Georgier in Deutschland wollen gegen Russland demonstrieren
Georgier aus ganz Deutschland wollen am Dienstag in Berlin gegen das gewaltsame Vorgehen Russlands in der abtrünnigen georgischen Teilrepublik Südossetien protestieren. Zu der Kundgebung vor der russischen Botschaft haben auch georgisch-orthodoxe Kirchengemeinden in der Bundesrepublik aufgerufen. Anschließend wollen die Georgier auch vor anderen westlichen Botschaften auf ihre Anliegen aufmerksam machen.

Europa müsse den russischen Imperialismus mit diplomatischem Druck stoppen, forderte der Geistliche der georgisch-orthodoxen Gemeinde in München, Tamaz Lomidze, im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Einmarsch in Südossetien sei eine offene Aggression und bedeute eine Verletzung der territorialen Integrität Georgiens. «Wir wollen uns als Kirche nicht in die Politik einmischen, aber hier geht es um Gerechtigkeit», fügte er hinzu.

Der 36-jährige Geistliche, der in München Theologie studiert hat und seit drei Jahren Oberhaupt der Gemeinde ist, hat nach eigenen Angaben bei den übrigen georgischen Gemeinden in Deutschland für die Demonstration geworben. Er will bei der Kundgebung ein Gebet sprechen. Lomidze rief zugleich die russisch-orthodoxe Kirche auf, bei der Regierung in Moskau auf einen Waffenstillstand zu dringen.
Dass zwei orthodoxe Länder Krieg gegen einander führten, sei unvorstellbar, betonte er.

Das Verhältnis zu den russisch-orthodoxen Christen in der Bundesrepublik sieht der Geistliche trotz des Krieges nicht getrübt.
«Die Gemeinden in Deutschland haben damit nichts zu tun.» Auch David Lapiaschwili, Vorsitzender der Düsseldorfer georgischen Kirchengemeinde, spricht von den «orthodoxen Brüdern» aus Russland, während er gleichzeitig die «russische Aggression» in seinem Heimatland geißelt. Eine schwierige Grat-Wanderung. Wie in München gebe es derzeit tägliche Gebete um Frieden, sagt er. Zu Spenden für Flüchtlinge hat der 35-Jährige bislang noch nicht aufgerufen: Die wachsende Gemeinde besteht hauptsächlich aus Studenten, und die verfügten meist über wenig Geld.

In der Bundesrepublik leben nach Angaben der georgischen Botschaft rund 14.000 Menschen aus der Kaukasus-Republik, darunter vor allem Studenten und Flüchtlinge aus den Kriegen der 90er Jahre, in denen es bereits um die Zugehörigkeit von Abchasien und Südossetien zu der
1991 von Russland unabhängig gewordenen Republik ging.

Gemeinden der von der russischen Orthodoxie unabhängigen georgisch-orthodoxen Kirche bestehen nach Angaben von Lomidze in sieben großen Städten, darunter in Bonn, Stuttgart, Frankfurt, Berlin und Hamburg. Einen Geistlichen und ein eigenes Kirchengebäude gibt es nur in München und der 2005 in Düsseldorf gegründeten Gemeinde. Für die beiden Geistlichen heißt das, dass sie in ganz Deutschland umherreisen müssen, um Gottesdienste zu feiern.