ZdK-Präsident Meyer geht in die Verlängerung

"Mit langem Atem"

Den Abschied aus dem Amt hatte sich Hans Joachim Meyer so nicht vorgestellt. Denn statt der Verabschiedung, würdigender Worte und der Wahl eines Nachfolgers am Freitag in Berlin wird der 72-Jährige wohl bis zum Herbst als Präsident dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) vorstehen. Zumindest noch bis zum Herbst - denn genau weiß das derzeit niemand. Grund dafür ist das "Nein" der Bischofskonferenz zum prädestinierten Nachfolger Heinz-Wilhelm Brockmann.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

Der Laienkatholizismus ist empört. Meyer kennt das. In seine zwölfjährige Amtszeit fällt mancher Disput mit den Bischöfen. 1999 gab es heftige Kontroversen um die Schwangerenkonfliktberatung durch den von Katholiken gegründeten Verein «Donum Vitae». Streit gab es mal um die inhaltliche Ausrichtung von Katholikentagen, mal um die Zuteilung kirchlicher Mittel oder die ökumenische Ausrichtung des ZdK. «Mit Geduld und Hartnäckigkeit» stellt er sich solchen Gesprächen. Und wandte sich dabei gegen «ängstliches Mauern» ebenso wie gegen Illusionen. Viele Bischöfe schätzen den Professor an der Spitze des Laienkomitees, der auf seine Prägung durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) verweist. Als Glücksfall und «überzeugendes Beispiel eines mündigen katholischen Laien» würdigte ihn zum 70. Geburtstag 2006 Kardinal Karl Lehmann. Meyer scheue «auch nicht Disput und Streit, wenn es notwendig ist».

Denn der 1936 in Rostock geborene Apotheker-Sohn kennt den Umgang mit Widerständen. Als junger Mann in der DDR «wegen mangelnder Verbindung mit der Arbeiterklasse» exmatrikuliert, schaffte es der Vater von drei Kindern in den 1980er Jahren doch zum Professor für angewandte Sprachwissenschaft. Und engagierte sich parallel dazu in der katholischen Kirche. Nach der Wende leitete er den Gemeinsamen Aktionsausschuss katholischer Christen in den neuen Bundesländern und war damit bald die Stimme der ostdeutschen Laienkatholiken. So kam er - trotz oder wegen eines Ministeramts in der sächsischen Landesregierung - an die ZdK-Spitze.

Mit der Wahl Meyers setzten die Laienkatholiken lange vor jeder großen Partei, vor dem Bundestag oder auch den großen Gewerkschaften einen Ostdeutschen an ihre Spitze. Er brachte die Erfahrung der Minderheitensituation in einer säkularisierten Gesellschaft mit. «Nicht dies Verbiesterte, Verklemmte einer innerkirchlichen Kampfsituation», wie er es gelegentlich im Westen beobachtet habe, sagte er selbst mal.

Verbiestert und verklemmt gab sich Meyer in diesen zwölf Jahren gewiss nicht, auch wenn sich mancher im westdeutsch geprägten Laienkatholizismus mit seiner manchmal als preußisch-protestantisch charakterisierten intellektuellen Ernsthaftigkeit erst anfreunden musste. Das ZdK, sagt Meyer im Rückblick, sei ein «debattierfreudiges Gremium», aber keine Ersatzsynode. «Man soll einen langen Atem haben», lehrt ihn die politische und kirchliche Erfahrung.

Meyer schätzt das offene Wort, kann dabei auch schneidend, aber nicht verletzend wirken. Dabei wurden seine Einwürfe im jüngsten Streit um den Kurs der Kirche im Umgang mit den Traditionalisten deutlicher. Und nun ist der ein oder andere verstört, dass dem Präsidenten keine Nachfolgeregelung ohne Turbulenzen gelungen ist.