ZDF zeigt Zweiteiler über schwarze Listen im Vatikan

Archive zum Leben erwecken

Bücher und Akten - Kilometer lang sind die Archive der römischen Glaubenskongregation im Vatikan. Sie geben Auskunft über 400 Jahre Buchzensur der katholischen Kirche und blieben der Öffentlichkeit lange ein Geheimnis. Einblicke verschafft nun Dokumentation "Index - Die schwarze Liste des Vatikan" im ZDF.

Autor/in:
Christoph Strack
 (DR)

Der berühmt-berüchtigte "Index der verbotenen Bücher", 1559 als Reaktion auf die Reformation und den aufblühenden Büchermarkt geschaffen, gilt bis heute als Beweis für den Kontrollanspruch, den die Kirche über Wissenskultur und Medien ausüben wollte. Karl May fand sich ebenso auf der schwarzen Liste wie der Glöckner von Notre Dame. Galilei stand genau so unter Zensur wie Kopernikus, Sartre oder Zola. Selbst Kirchenväter wie Thomas von Aquin, antike Schriften von Aristoteles und Platon ließen den Zensoren im Vatikan keine Ruhe.

Erst 1998 öffnete der Vatikan die Archive für die allgemeine Forschung. Für die Öffentlichkeit bleiben die Akten weiter ein Geheimnis. Einblicke allerdings verschafft eine zweiteilige Fernseh-Dokumentation unter dem Titel "Index - Die schwarze Liste des Vatikan", die das ZDF in der Karwoche, am Dienstag (7. April) und Mittwoch (8. April), zeigt. Nach mehr als sechsjähriger Vorbereitungszeit und vielen Verhandlungen hat ein Filmteam zusammen mit dem Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf die Drehgenehmigung erhalten, um die Geschichte der kirchlichen Buchzensur für ein breites TV-Publikum aufzubereiten - und das ganz ohne Zensur seitens des Vatikan, wie Produzent Uwe Kersken betont.

"Natürlich muss man für das Fernsehen vereinfachen"
Doch wie setzt man Geschichte, die in Kilometer langen Archivregalen schlummert, in Fernsehbilder um? Wolf, der schon seit 1992 Zugang zu den Archiven hat und wohl der beste Kenner des Index ist, war sich des Wagnisses wohl bewusst: "Natürlich muss man für das Fernsehen vereinfachen, kann wissenschaftliche Erkenntnisse nicht zu 100 Prozent überbringen", räumt er ein und rechnet schon damit, dass mancher Kollege die Nase rümpfen wird. Doch andererseits ist er sehr zufrieden. Die Wissenschaft müsse raus aus dem Elfenbeinturm und der Öffentlichkeit erklären, woran sie arbeitet, betont der mehrfach mit Forschungspreisen ausgezeichnete katholische Priester.

Verschmerzen kann Wolf dann auch, dass eine fernsehgerechte Dokumentation nicht mehr ohne das Nachstellen historischer Begebenheiten mit Schauspielern auskommt. Da wird dann der Müller aus Friaul gezeigt, der sich im 16. Jahrhundert nach der Lektüre von Büchern ein eigenes Weltbild zurechtzimmert und deshalb auf dem Scheiterhaufen landet. Da ziehen dunkle Wolken im Schnelldurchlauf am Himmel auf, da wabert es manchmal düster und geheimnisvoll im Vatikan. Doch dieRegisseurinnen Christel Fromm und Cristina Trebbi, die zuletzt mit dem Zweiteiler "Alltag im Vatikan" hervortraten, halten solche Szenen für zentral: An solchen Bildern entscheide sich, ob der Zuschauer dranbleibe oder weiter zappe.

Der Spagat zwischen Wissenschaft und populärer Darstellung gelingt
Dass der Spagat zwischen Wissenschaft und populärer Darstellung gelingt, liegt auch an einem anderen Kniff: Moderiert wird die Dokumentation vom Protestanten Wolf von Lojewski, lange Jahre Chef des "Heute-Journals". Er liefert sich mit Wolf amüsante kleine Duelle über die wichtigsten wissenschaftlichen Streitfragen. Durch diese Szenen entsteht eine Werkstatt-Atmosphäre, in der die Zuschauer viel über die Ziele der kirchlichen Buchzensur, die spektakulären Fälle von Darwin bis Hitler und das Ende des Index im Jahre 1966 erfahren.

Gerade von Lojewski sorgt auch dafür, dass sich der Blick nicht nur in die Vergangenheit richtet. So erinnert der Journalist daran, dass auch heute über Zensur diskutiert wird: Ob beispielsweise Mohammed-Karikaturen oder Videos von Terroristen veröffentlicht werden und ob Internetseiten, die Kinderpornografie zeigen, gesperrt werden dürfen.

Hinweis: "Index - Die schwarze Liste des Vatikan". Zweiteilige Dokumentation von Cristina Trebbi und Christel Fromm, ZDF, Di 7.4.,
22.45 Uhr und Mi 8.4., 22.15 Uhr.