ZDF-Moderatorin Petra Gerster über ihre Pfingstdokumentation

"Gedanke vom verständigen Heiligen Geist ist aktuell"

Warum feiern wir Pfingsten? Diese Frage beschäftigte auch ZDF-Moderatorin Petra Gerster, weshalb sie sich auf Spurensuche nach den Ursprüngen des Pfingstfestes begeben hat. Bei domradio.de spricht sie über ihre Ergebnisse.

ZDF-Moderatorin Petra Gerster in Jerusalem / © Manes Avny (zdf)
ZDF-Moderatorin Petra Gerster in Jerusalem / © Manes Avny ( zdf )

domradio.de: Was hat Sie so interessiert und fasziniert am Pfingstgeschehen?

Petra Gerster (ZDF-Moderatorin): Über Pfingsten wissen wir ja erstaunlich wenig, das habe ich gerade an mir selber bemerkt. Es ist das christliche Fest, das sich am wenigsten in einer einfachen Geschichte erzählen lässt. Man hat Bilder von Flammen, Feuerzungen, die über den Häuptern der Aposteln schweben, vor Augen. Man denkt aber auch an die Taube als Symbol für den Heiligen Geist. Aber was das alles bedeutet, und woher diese Bilder überhaupt kommen, das hätte ich vor kurzem auch nicht zu sagen gewusst. Insofern hat es mich enorm interessiert, darüber mehr zu erfahren. Und wir haben auch erstaunliche Parallelen zum jüdischen Glauben gefunden.

domradio.de: Also hat Sie nicht eine besondere Liebe zu Feuertaufen geleitet …

Gerster: (lacht) Nein, hab ich auch noch nicht erlebt, leider.

domradio.de: Sie waren auf dem Berg Zion bei Jerusalem, wo die Geistaussendung stattgefunden hat. Ist das ein Ort mit Ausstrahlung?

Gerster: Der Berg Zion hat tatsächlich eine Ausstrahlung, eine mythische Ausstrahlung, kann man sagen, weil er eben schon ganz früh im Alten Testament eine Rolle spielt. König David hat ihn tausend Jahre vor Christus erobert, da liegt er auch begraben und sein Sohn, König Salomon, hat dort seinen ersten Tempel errichtet. Und tausend Jahre später hat Jesus hier das Letzte Abendmahl gefeiert, und nach seinem Tod soll genau dort auch das Pfingstwunder passiert sein. Der Zionsberg ist also ein Ort, der für Juden und Christen gleichermaßen bedeutsam ist und von ihnen verehrt wird. Und das merkt man auch, wenn man da an Ort und Stelle ist und an betenden Juden vorbei in den Abendmahlssaal gelangt, wo man Christen aus der ganzen Welt antrifft.

domradio.de: Dann sind Sie weiter nach Qumran gereist, zur antiken Ruine einer Siedlung in der Nähe des Toten Meers. Warum?

Gerster: Die Sekte von Qumran war ja eine jüdische Gemeinschaft, eine Reformbewegung, die sich eigene strenge Regeln gegeben hat, exakt in der Zeit, als auch Jesus auftauchte und seine neuen Gedanken verbreitete. Und daran sieht man, dass es vor 2000 Jahren eine Zeit des Umbruchs war, in der Menschen neue Fragen stellten und offenbar neue Antworten suchten. Und jede Gruppe wollte sich abgrenzen, wollte ihre Regeln des Zusammenlebens neu erfinden.

domradio.de: Sehr aktuell, nicht?

Gerster: Ja, genau. Diese Gruppenbildung, dieses sich abgrenzen, ist ein Phänomen, das es heute auch gibt, das gegenwärtig auch immer stärker wird. Wahrscheinlich suchen Menschen gerne Schutz und einfache Antworten in der Religion, je schwieriger und komplexer die Zeiten sind. Aber interessant ist, dass die Truppe um Jesus sich nach seinem Tod eben nicht auflöste oder eine kleine jüdische Sekte neben anderen blieb wie die von Qumran, sondern weiterexistierte. Und nicht nur das, sie hat sich sogar zu einer neuen Weltreligion entwickelt, der heute weit über zwei Milliarden Menschen angehören.

domradio.de: Warum sind Sie bzw. ihr Filmteam dann auch noch nach Granada in Südspanien gereist?

Gerster: Granada ist ein ganz wichtiger Ort für das Christentum, weil sich hier das Christentum im 4. Jahrhundert sozusagen eine Verfassung auf der Synode von Elvira gegeben hat, was ich übrigens auch nicht wusste. Dort wurden erst einmal ganz grundsätzliche Fragen geklärt: wie das Christentum, wie die Bischöfe es mit der Moral halten, was Christen erlaubt, was verboten ist. Darf ein Mann eine Zweitfrau haben oder zu einer Prostituierten gehen, wie feiert man Feste, wann und wie lange? Und auf dieser Synode wurde auch verankert, dass Pfingsten immer 50 Tage nach Ostern stattzufinden hat. Und weil an Pfingsten die Apostel vom Heiligen Geist erfüllt worden sind und ihren Missionsauftrag bekommen haben, den christlichen Glauben zu verbreiten, wurde in Granada Pfingsten zum Geburtstag der Kirche gemacht.

domradio.de: Wie hat die Europareise auf den Spuren von Pfingsten Ihren persönlichen Blick auf dieses Fest verändert?

Gerster: Also ich ahne zum ersten Mal, was es mit dem Heiligen Geist auf sich haben könnte, was überhaupt damit gemeint sein könnte. Der neue Lebenshauch, der den Jüngern nach der Trauerphase von 50 Wochen eingegeben wird, der steht ja sinnbildlich für das Ende ihrer ungeheuren Niedergeschlagenheit, ihrer Depression kann man sagen, nach dem Tod von Jesus. Und der Heilige Geist ist ja auch eine Art Inspiration, die ihnen klar macht, dass das Leben weitergeht und dass sie eine Aufgabe haben, die zu erfüllen ist, nämlich in die Welt hinauszugehen und von Jesus und seiner Botschaft zu erzählen. Und das geht ja nur, wenn man in allen Zungen, also in allen Sprachen reden kann, sich also verständlich machen kann. Das ist der besonders faszinierende Gedanke dabei, finde ich. Denn damit wird Pfingsten zu dem Ereignis, in dem das Sprachchaos aufgehoben wird, das seit dem Turmbau von Babel herrschte, also die Babylonische Sprachverwirrung an Pfingsten sein Ende findet. Das finde ich eine tolle Pointe der Geschichte. Und das zeigt auch, wie sich eine Geschichte in der Bibel auf die andere bezieht.

domradio.de: Welchen Heiligen Geist mit welcher Botschaft bräuchten wir Menschen heute?

Gerster: Der Gedanke von einem Heiligen Geist, von einem Geist, der Menschen inspiriert, sich anderen Menschen zu öffnen und mit ihnen zu kommunizieren, über Grenzen hinweg in allen möglichen Ländern, also die Aufgabe, sich zu vertragen und zu verständigen, dieser Gedanke ist so aktuell wie vor 2000 Jahren. Und es ist das Gegenteil von Abschottung und Nationalismus, wie wir es gerade wieder erleben. Der Gedanke ist universell und menschenfreundlich. Das gefällt mir ungemein.

Das Gespräch führte Birgitt Schippers.

 

Information: Am Pfingstmontag um 18.15 Uhr zeigt das ZDF die Dokumentation "Die Feuertaufe." von Petra Gerster.


Quelle:
DR