Zahl der Kirchendiebstähle bleibt auf hohem Niveau

Jahr für Jahr mehr als 2.000 Delikte

Gestohlene Dachrinnen aus Kupfer, Laptops oder aufgebrochene Opferstöcke – bundesweit zählen Behörden mehr als 2.000 solcher Delikte, bei denen Diebe in Kirchen und Kapellen mitgehen lassen, was sie dort als wertvoll erachten.

Autor/in:
Joachim Heinz
Illustration: Einbruch in einer Kirche. / © Harald Oppitz (KNA)
Illustration: Einbruch in einer Kirche. / © Harald Oppitz ( KNA )

Aus der Presseschau der vergangenen Monate: Im Bremer Birgittenkloster verschwindet vor wenigen Tagen ein goldenes Kästchen mit Überresten der heiligen Ordensgründerin Birgitta von Schweden. Kurz darauf bringt ein Mann das Reliquiar zurück. Er habe es von einem Unbekannten gekauft, aufgrund der lateinischen Aufschrift jedoch Zweifel an der Rechtmäßigkeit gehabt.

Weniger Glück haben sie in Kevelaer. Dort entwenden Diebe im vergangenen Oktober ein edelsteinbesetztes Armreliquiar mit Knochenresten des heiligen Petrus Canisius. Das Kunstwerk und sein Inhalt besitzen den Bestohlenen zufolge einen unschätzbaren ideellen Wert. Bis heute ist es nicht wieder aufgetaucht.

Nach dem Reliquien-Klau im Kölner Dom

Im Kölner Dom sorgte Kardinal Rainer Maria Woelki unterdessen für Ersatz: Unbekannte hatten dort 2016 eine Ampulle entwendet, die ein Tüchlein mit einem Blutstropfen des heiliggesprochenen Papstes Johannes Paul II. enthielt. Seit dem vergangenen September ist an gleicher Stelle eine neue Reliquie. Woelki hatte sie zu seinem 60. Geburtstag vom Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz erhalten.

Fälle wie diese sorgen bundesweit für Schlagzeilen; in der Regel jedoch fällt die Beute weniger spektakulär aus. Das Spektrum reicht von Metalldiebstählen wie zum Beispiel dem Abmontieren von Dachrinnen aus Kupfer über die Entwendung von technischen Geräten wie Laptops oder Beamern bis hin zum Aufbrechen von Opferstöcken. Auch Bierkästen oder Kettensägen sind schon einmal darunter. Für die Betroffenen ist das alles ärgerlich. Zumal der Respekt vor Gotteshäusern allgemein nachlässt, wie der Kölner Dompropst Gerd Bachner vor gut einem Jahr der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte.

Daten aus den Landeskriminalämtern

Dazu passen die von der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) ausgewerteten Daten aus den Landeskriminalämtern. Seit 2010 lagen die Zahlen für Diebstähle und Einbrüche in Kirchen immer über der 2.000er-Marke. Der bisherige Höchstwert wurde 2015 mit 2.642 verzeichnet. Für 2016 lassen sich bislang 2.015 solcher Vorfälle aus den Statistiken herausfiltern.

Experten raten gleichwohl zu Vorsicht. Die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg sowie das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern erheben keine gesonderten Daten. Aus Thüringen sowie aus Nordrhein-Westfalen, in dem die Behörden in den sechs Jahren zuvor im Durchschnitt 720 Kirchendiebstähle erfassten, fehlen die Auswertungen für 2016. Die beiden großen Kirchen führen zu diesem Bereich kein zentrales Register.

Versicherungen für Diebstahl

Schließlich kursieren unterschiedliche Definitionen bei der statistischen Erfassung der Taten. Die meisten Behörden sprechen von "Diebstählen unter erschwerenden Umständen", einige von "Einbrüchen in Kirchen", andere verzeichnen separat "besonders schwere Fälle des Diebstahls von Kunst und Antiquitäten".

Die Kirchen versuchen, den Schaden in Grenzen zu halten. So schloss die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland einen Rahmenvertrag mit dem Versicherungsdienst ecclesia ab, der zu Jahresbeginn 2017 in Kraft trat. Für rund 65 Euro im Jahr können sich Kirchengemeinden gegen Vandalismus und Diebstahl bis 50.000 Euro bei einer Selbstbeteiligung von 500 beziehungsweise 250 Euro absichern. Bischöfin Ilse Junkermann äußerte seinerzeit die Hoffnung, "dass dieses Angebot rege genutzt wird und dass Ängste im Zusammenhang mit Diebstahl und Vandalismus sich so relativieren lassen".

Rückkehr des 2013 entwendeten Borghorster Stiftskreuzes

In der katholischen Nikomedes-Kirche im westfälischen Steinfurt freut sich die Gemeinde in diesem Jahr auf die Rückkehr des 2013 entwendeten Borghorster Stiftskreuzes. Das wertvolle Kunstwerk aus dem 11. Jahrhundert wurde im vergangenen Jahr aus dem Umfeld der Täter gegen Zahlung einer Summe von 100.000 Euro wiederbeschafft.

Für die künftige Aufbewahrung des Kreuzes in der Kirche entwickelten das Bistum Münster, Versicherer und Experten ein neues Sicherheitskonzept, wie Ortspfarrer Markus Dördelmann den "Westfälischen Nachrichten" sagte. "Es geht mit seinen Standards deutlich über das hinaus, was die Versicherungen fordern." Zu genaueren Angaben ließ sich der Pfarrer nicht hinreißen. "Wir wollen ja keine Anleitung geben, wie es wieder gestohlen werden kann."


Quelle:
KNA