Yad Vashem-Ausstellung zur Sehnsucht nach Israel im Holocaust

Vom fernen Traum zur letzten Hoffnung

Mit dem Holocaust wurde aus dem vagen Traum vom gelobten Land für Europas Juden die letzte Hoffnung. Eine Jerusalemer Ausstellung folgt derzeit den Spuren der Sehnsucht nach "Eretz Israel".

Yad Vashem (dpa)
Yad Vashem / ( dpa )

2.000 Jahre träumten Juden von "Eretz Israel", vom "Land Israel". Ursprünglich religiös begründet, wurde diese Sehnsucht nach Rückkehr mit dem Zionismus auch praktisch-politisch ausgeformt – als eine Idee unter vielen, wie die Zukunft des jüdischen Volkes aussehen könnte.

Dann geschah der Holocaust und nahm anderen Ideen die Grundlage. Aus dem fernen Traum vom gelobten Land wurde die letzte Hoffnung.

Landkarte mit sehr persönlichem Wert

Der "Sehnsucht nach dem Land Israel während des Holocaust" gilt eine neue Ausstellung in der Jerusalemer Holocaustgedenkstätte Yad Vashem. Unter dem Titel "Sie sagten, da ist ein Land" wurde sie am Dienstag offiziell eröffnet. Anlass ist die Staatsgründung Israels vor 70 Jahren.

"Ich habe erst gar nicht realisiert, welch einen Wert die Zeichnung hat", sagt Ilana Karniel, geborene Elina Landau, und zeigt auf das Exponat in der Vitrine neben sich: eine Landkarte mit sehr persönlichem Wert. Sie trägt das Datum vom 7. September 1943, dem 10. Geburtstag Ilanas, und die Widmung durch ihren Bruder Emil.

Emil ist damals 16, beide sind Waisen und haben eine Odyssee der Flucht hinter sich, jener Flucht von Warschau über Sibirien, Usbekistan und den Iran, den Emil für seine kleine Schwester mit Blei- und Buntstiften festhielt.

Den Holocaust und die Flucht überlebt

Ilana und ihr Bruder haben den Holocaust und die Flucht überlebt, mit ihnen die Karte, die wie die in der Ausstellung gezeigten Briefe und Tagebücher, Lieder und ersten Gehversuche in der neuen Sprache, Fotos und Kunstwerke davon erzählt, wie die Hoffnung auf eine Zukunft für die im Nationalsozialismus verfolgten Juden Europas im Kampf um das Überleben zu einem immer wichtigeren Anker wurde.

In drei Kapiteln führt die Schau durch die Jahre 1933 bis 1948, von der Machtübernahme der Nationalsozialisten bis zur israelischen Unabhängigkeit. "Von Traum und Vision bis zur Erfüllung" reicht ihr erster Teil über die Jahre 1933 bis 1939, in denen aus der vagen Idee "Eretz Israel" eine immer wahrscheinlichere Lösung wird.

Um "Krise und Kontinuität" geht es im zweiten Teil, in dem die Auswanderung ins britische Mandatsgebiet Palästina angesichts der "Endlösung" während des Krieges zur fast einzigen Rettung wird – allerdings durch immer schärfere Einwanderungshindernisse der Briten auch beinahe unmöglich.

Mit sechs Jahren allein die Alpen überquert

"Von der Zerstörung zur Verjüngung" erzählt das dritte Kapitel der Ausstellung, das die Jahre nach dem Holocaust und vor der Staatsgründung 1945 bis 1948 umfasst. Es sind die Jahre der illegalen Einwanderung, der Haftlager auf Zypern, die Jahre, die dem polnischen Holocaustüberlebenden Mosche Frumin am lebhaftesten in Erinnerung geblieben sind.

Auch seine Flucht kennt viele Stationen. Von Polen nach Usbekistan und zurück, dann über Tschechien nach Österreich, von wo aus der Versuch, nach Italien zu gelangen, sechs Mal scheitert. Beim siebten Mal, Frumin ist damals sechs Jahre alt, überquert er die Alpen alleine, bevor er im italienischen Mirano seine Großmutter wiederfindet und schließlich auf dem Einwandererschiff "Vierzehn Helden" vor der Küste Palästinas an den Briten scheitert und ins zypriotische Lager kommt.

"Es gibt sehr wenig Erinnerung an diese unmittelbare Zeit nach dem Holocaust", sagt der Künstler, "darum ist diese Ausstellung so wichtig!" Seine persönlichen Erinnerungsstücke an die gelungene Flucht sind nun in der Ausstellung zu sehen.

Zweidrittel der Überlebenden schlossen sich dem Zionismus an

"Die Schoah hat die Wirklichkeit verändert", sagt die Leiterin der Museumsabteilung der Gedenkstätte und Kuratorin der neuen Ausstellung, Vivian Uria. "Aller anderen Ideen wie Sozialismus oder Kommunismus beraubt, blieb nur noch der Zionismus als lebbare Lösung", ergänzt die leitende Historikerin von Yad Vashem, Dina Porat.

"Zweidrittel der Überlebenden sind deshalb nach dem Holocaust ins Land gekommen." Bis zum Zweiten Weltkrieg, so die Historikerin, waren nur etwa zehn Prozent der Juden in der zionistischen Bewegung aktiv.

Auch Ilana und ihr Bruder Emil kamen aus einer jüdischen Familie, die weder mit der Religion viel am Hut hatte noch zionistische Träume vom gelobten Land hegte. "Die Sehnsucht nach Eretz Israel", sagt Ilana Karniel, "kam mit der Geschichte. Ich war ein schüchternes Mädchen, aber Emil träumte von der Freiheit in Israel." Emil Landau starb 1948 im israelischen Unabhängigkeitskrieg.

Andrea Krogmann


Quelle:
KNA