Wulff gedenkt in Tokio der Katastrophenopfer

Kehrtwende zu "nachhaltigem Wirtschaften"

Bundespräsident Christian Wulff hat zum Auftakt seiner Japanreise der Opfer der Katastrophe vom März gedacht. "Es ist mir wichtig, ganz zu Anfang meines Besuches in Japan allen Opfern von Erdbeben, Tsunami und Reaktorunfall meinen Respekt zu erweisen", sagte Wulff am Sonntag auf einem Deutschlandfest in Tokio.

 (DR)

Am Dienstag will das Staatsoberhaupt in der Katastrophenregion mit Evakuierten sprechen und sich über den Stand des Wiederaufbaus informieren.Viele stünden vor den Trümmern ihrer Existenz und müssten unter größten Mühen ein neues Leben aufbauen. "Wir teilen ihr Leid", sagte der Bundespräsident und betonte: "Wir bewundern die disziplinierte Aufbauarbeit, die hier geleistet wird." Die Nachrichten von den Katastrophen hätten "in ganz Deutschland eine Anteilnahme ausgelöst, die belegt, wie eng die Verbindungen zwischen Deutschland und Japan sind".



Mit seinem offiziellen Besuch, der knapp eine Woche dauert, will Wulff nach Erdbeben, Tsunami und dem Atomunfall im März ein "Zeichen der Solidarität und Freundschaft" setzen. Beide Länder feiern zudem in diesem Jahr das Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen vor 150 Jahren.



Wulff weist Kritik an EU zurück

In einem Interview mit der japanischen Wirtschaftszeitung "Nikkei" wies Wulff Kritik zurück, die EU reagiere zu langsam auf die Euro-Krise: "Angesichts der Fülle und Tragweite der Entscheidungen in Europa ist es unangebracht, Europa als zu zögerlich und inflexibel darzustellen."



Die Politik müsse sich davon lösen, "hektisch auf jeden Kursrutsch an den Börsen zu reagieren und darf sich nicht abhängig machen von Banken, von Rating-Agenturen oder reißerischen Schlagzeilen", sagte der Bundespräsident und betonte: "Politik hat langfristig orientiert zu sein und muss, wenn nötig, auch unpopuläre Entscheidungen treffen. In freiheitlichen Demokratien müssen die Entscheidungen im Übrigen immer von den Parlamenten getroffen werden, dort liegt die Legitimation."



Die derzeitige Krise sei zugleich eine Finanz- und eine Schuldenkrise, analysierte der Bundespräsident. Die G20-Staaten müssten die internationalen Bemühungen zu einem "klaren, globalen Ordnungsrahmen für die Finanzmärkte" weiter vorantreiben. In vielen Ländern sei aber auch jahrelang über höhere Schulden und billigeres Geld Wohlstand erkauft worden. "Es ist meine feste Überzeugung, dass wir ohne eine Abkehr von der Schuldenpolitik der Vergangenheit nicht aus der Krise herauskommen werden. Wir brauchen eine Kehrtwende zu nachhaltigem Wirtschaften und Haushalten", forderte Wulff.



In Tokio wird der Bundespräsident am Montag vom japanischen Kaiser Akihito empfangen. Vorgesehen sind zudem Gespräche mit Ministerpräsident Yoshihiko Noda und weiteren Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft.