Wort des Bischofs

Holen wir uns die Pest ins Haus?

Die EU will Flüchtlinge in Europa gerechter verteilen, denn momentan tragen Italien und Griechenland die Hauptlast. Per Quote sollen nun 40.000 Menschen umverteilt werden. Doch viele Länder weigern sich. Ein Unding, findet Kardinal Woelki.

 (DR)

"Oh bitte Heiliger Florian, verschon´ unser Haus, zünd´ and´re an!" Viele von uns kennen dieses "Florian-Prinzip". Und vermutlich haben wir alle schon mal gedacht, das Unheil möge uns doch bitte verschonen und lieber ein Haus weiter einschlagen.

Wenn ich an die unseligen Diskussionen und Verhandlungen auf europäischer Ebene bei der Aufnahme von Flüchtlingen denke, dann erinnert mich das an dieses Florian-Prinzip. Natürlich wollen alle im europäischen Haus den Flüchtlingen helfen – aber wenn es um konkrete Aufnahmen von Flüchtlingen geht, wird zu gerne auf den Nachbarn verwiesen. Da wird um Quoten und Aufnahme-Kontingente gefeilscht,  wie sonst um Abgasmengen oder Schadstoffe. Länder wie Großbritannien, Irland und Dänemark haben sich bereits gegen die vereinbarte Aufnahmequote entschieden. Die Begeisterung in Frankreich, Polen, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und den baltischen Staaten hält sich auch in Grenzen, um es mal sehr diplomatisch auszudrücken. Jeder hält seine Haustür zu und verweist auf den Nachbarn, der doch bitte die Flüchtlinge aufnehmen soll.

Es ärgert mich, dass wir im reichen Haus Europa so klein und armselig denken. Es geht doch hier nicht um die Pest, die wir ins Haus holen, sondern um Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Menschen, die durch Krieg, Terror, Not und Elend und Armut ihre Heimat verlassen mussten. Keiner verlässt doch freiwillig und gerne seine Heimat.

„Ich war nackt – und ihr habt mir Kleidung gegeben! Ich war obdachlos – und Ihr habt mich aufgenommen!“ Hat unser angeblich so christliches Abendland diese Botschaft Jesu komplett verdrängt? Wer die Mutter mit ihren Kindern aus Syrien oder den jungen Mann aus Nigeria draußen vor der Tür stehen lässt, der sperrt Gott aus. So einfach ist das. Wer aber seine Tür für den notleidenden Fremden öffnet, der holt Gott selber in sein Haus. Also auf, Du christliches Europa – öffne endlich Deine Türen und lass Gott nicht länger draußen stehen!

Herzlich lade ich Sie alle zum Gedenkgottesdienst auf dem Roncalliplatz vor dem Kölner Dom am nächsten Freitag um 19:30 Uhr ein. Wir wollen zeigen, dass wir an der Seite der Flüchtlinge stehen und dass sie bei uns willkommen sind. Ich freue mich, wenn Sie dabei sind – wir sehen uns am Freitagabend vor dem Dom.

Ihr Rainer Woelki
Erzbischof von Köln