Katholische Privatschulen in den USA sind Pandemie-Gewinner

Woran liegt der Anmeldeboom?

Noch nicht lange ist es her, da rangen katholische Privatschulen in den USA um ihr Überleben. Über 100 schlossen im vergangenen Jahr ihre Pforten. Zuerst auch gebeutelt von der Pandemie, erleben sie nun ein Comeback.

Autor/in:
Thomas Spang
Schüler einer us-amerikanischen Privatschule bei einem Museeumsausflug / © Gus Valente (shutterstock)
Schüler einer us-amerikanischen Privatschule bei einem Museeumsausflug / © Gus Valente ( shutterstock )

Für Robbie Clayton stand eine Privatschule eigentlich nie zur Debatte. Mutter Jennifer verdient ein bescheidenes Salär in einem Restaurant in der Kleinstadt Hopatcong in New Jersey, Vater Joe bezieht eine Pension als ehemaliger US-Marine. Auch zusammen erzielen die Eltern kein Einkommen, aus dem sich eine teure private Schule bezahlen ließe.

Dennoch geht der Sechsjährige seit Schuljahresbeginn an eine katholische Bildungsstätte. Was die Eltern rund 1.000 Dollar im Monat kostet. Nachdem die öffentlichen Schulen in New Jersey aus Sorge vor der Verbreitung des Covid-19-Erregers auf Fernunterricht umgestellt hatten, gingen Eltern wie die Claytons auf Distanz zu den staatlichen Einrichtungen.

Trotz wirtschaftlicher Härten schickten sie ihren Nachwuchs an Privatschulen, die in vielen Bundesstaaten größere Freiheit bei der Unterrichtsgestaltung hatten.

"Eltern ist es das Geld wert, dass ihre Kinder persönlich zur Schule gehen können", erklärt die Pädagogin Karen Aronian das Phänomen. Für die eben noch von chronischem Schülerschwund geplagten katholischen Schulen stellte sich das als Segen heraus.

Anmeldeboom

An der Rice Memorial High School in South Burlington im Bundesstaat Vermont etwa stiegen die Anmeldungen zum Schuljahresbeginn 2020 um elf Prozent an. Und der Trend setzt sich fort: Zum neuen Schuljahr wurden 320 Schüler prognostiziert, tatsächlich werden nun 400 unterrichtet. Eltern seien sich mehr denn je bewusst, "dass sie Bildungsoptionen haben", so Direktorin Christy Warner Bahrenburg.

Mit dieser Entwicklung in der Schullandschaft hatte niemand gerechnet. Denn die privaten US-Schulen verbuchten zu Beginn der Pandemie zunächst massive Einbrüche. Wer durch die Coronakrise seinen Job verloren hatte, musste neue Prioritäten setzen: Gespart wurde vor allem beim Schulgeld, das im Schnitt mit 15.000 Dollar pro Jahr zu Buche schlägt. Hunderte katholische Schulen mussten ihre Pforten schließen.

Die US-Bischöfe schlugen Alarm. Der New Yorker Kardinal Timothy Dolan stellte sich während der ersten Covid-19-Welle an die Spitze von 600 katholischen Kirchenführern, Schulleitern und Universitätspräsidenten, die den damaligen US-Präsidenten Donald Trump um staatliche Hilfe baten.

Corona verschärfte dabei zunächst nur einen Negativtrend, der schon im Zuge des Missbrauch-Skandals zu einem Problem geworden war. 2020 drückten gerade mal 1,7 Millionen Kinder und Jugendliche noch katholische Schulbänke, in den 1960er Jahren waren es dreimal so viele. Der neue Zulauf kommt einem kleinen Wunder gleich. Zum Teil hat er mit der Anpassung der Gebühren nach unten zu tun. Vor allem aber punkten die katholischen Schulen mit ihrem Präsenzunterricht in der Pandemie.

Breitere Lernangebote

Auch konservative evangelikale Schulen, die laut Bildungsministerium aktuell knapp 600.000 Schüler unterrichten, boomen. Der sogenannte "Zoom-Faktor" beim Onlineunterricht ließ Eltern Einblicke in die Lehrpläne werfen. Viele zeigten sich nicht mehr einverstanden mit den Unterrichtsinhalten der öffentlichen Schulen, behauptet Jeff Keaton, Präsident von "RenewaNation", einer konservativen Organisation, die evangelikale Schulen gründet. Die Curricula seien ein "absolut schockierendes Erlebnis" gewesen. Diese Erfahrungen hätten zu einer regelrechten Revolte gegen Lehrpläne und Pandemie-Vorschriften an öffentlichen Schulen geführt.

Wunschdenken oder Wirklichkeit - die Bildungsexpertin Cindy Chanin von "Rainbow EDU Consulting & Tutoring" meint, es gebe andere Vorteile, die erklärten, warum etwa jedes elfte der 59 Millionen schulpflichtigen Kinder in den USA zu einer Privateinrichtung geht.

Die Lernangebote seien breiter, der Zugang zu digitaler Technologie besser, die Lehrplan-Gestaltung individueller und die Klassen kleiner. Hinzu kommen die besseren Betreuungsmöglichkeiten.

Das Paket überzeugte auch Jennifer Clayton. "Das Geld, das ich bezahle, ist es zu einer Million Prozent wert", sagt sie. "Ich arbeite praktisch dafür, dass Robbie zur Schule gehen kann."


Quelle:
KNA