Wolfgang Jamann wird neuer Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe

Zu Transparenz und Erfolg verdonnert

Die neue Führungsspitze bei der Deutschen Welthungerhilfe ist komplett. Am Montag stellte sich Wolfgang Jamann als neuer Vorstandsvorsitzender und Generalsekretär einer der größten deutschen Entwicklungsorganisationen vor. Sein Traum: die Schaffung einer sozialen Bewegung.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Schon im November hatten die langjährige Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) und der frühere Bundesumweltminister und Chef des UN-Umweltprogramms, Klaus Töpfer (CDU), die Ämter als ehrenamtliche Präsidentin und Vizepräsident angetreten. Mit diesem Führungsteam gewinnt die Bonner Hilfsorganisation, die einen Jahresetat von mehr als 135 Millionen Euro hat, ein großes Netzwerk an weltweiten Kontakten.

Für den promovierten Entwicklungssoziologen Jamann ist klar: Die Entwicklungshilfe und die Arbeit der dort tätigen Nichtregierungsorganisationen stehen angesichts der Finanzkrise und erheblicher Schulden der öffentlichen Haushalte unter einem wachsenden Rechtfertigungsdruck. "Nur wenn uns der Nachweis gelingt, dass es Erfolge gibt und dass Spenden und Steuergelder wirksam eingesetzt werden, wird uns die hohe Zustimmung der Bevölkerung erhalten bleiben", sagte er.

Traum: Schaffung einer sozialen Bewegung
Andererseits sieht der neue Generalsekretär, der zuvor Hauptgeschäftsführer der Hilfsorganisation CARE Deutschland-Luxemburg war, ein großes Potenzial von Hilfs- und Verantwortungsbereitschaft in der Bevölkerung. Sein Traum: die Schaffung einer sozialen Bewegung, die sich für weltweite Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung einsetzt und dabei auch entsprechenden Druck auf die Politik ausübt.

Laut Jamann hat die zuletzt vielfach gescholtene Entwicklungshilfe durchaus spektakuläre Erfolge vorzuweisen. Dass im vergangenen Jahrzehnt in Afrika 35 Millionen Kinder zusätzlich zur Schule gehen konnten, habe ebenso mit guter Entwicklungsarbeit zu tun wie die Tatsache, dass mittlerweile 60 Prozent der Afrikaner über sauberes Wasser verfügten. Auch der prozentuale Anteil der Hungernden sei zurückgegangen, unterstreicht der 49-Jährige - eine Erfolgsmeldung, die allerdings angesichts der schnell wachsenden Weltbevölkerung und seit 2007 ansteigender absoluter Zahlen von Hungernden nur wenig Freude bereitet.

Der neue Generalsekretär verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der praktischen Entwicklungszusammenarbeit. Als Wissenschaftler befasste er sich insbesondere mit den Entwicklungschancen und Problemen Südostasiens, zu denen er mehrere Bücher veröffentlichte. Mehrere Jahre verbrachte er aber auch in Afrika, wo er unter anderem für das Entwicklungsprogramm der UNO in Sambia arbeitete.

"Große Fragezeichen"
Der Generalsekretär leitet künftig die Arbeit einer Hilfsorganisation, die mit Hilfe der Unternehmensberatung McKinsey runderneuert wurde. Nicht erst unter dem Eindruck des Spendenskandals um Unicef sei man dabei gewesen, die Strukturen und Abläufe an die Erfordernisse des 21. Jahrhunderts anzupassen, hieß es.

Ein Ergebnis der Reform: Die gesamte Führungsstruktur wurde umgekrempelt. Künftig ist ein hauptamtlicher Vorstand für das tägliche Geschäft verantwortlich. Eingeführt wurde auch ein zentrales und unabhängiges Controlling. Dem steht eine Dezentralisierung bei der Projektarbeit gegenüber. Die Verantwortung für konkrete Hilfsprojekte soll stärker zu den Mitarbeitern in die jeweiligen Länder und Regionen verlagert werden. "Dort, wo die Fachkompetenz sitzt, sollen auch die Entscheidungen über die Projekte getroffen werden", erläutert Jamann die Strategie.

Selbstbewusst verteidigt er das Engagement der nicht-staatlichen Entwicklungsorganisationen. Ihre Arbeit sei transparent und unterliege einer strengen Erfolgskontrolle. "Große Fragezeichen" setzt der Generalsekretär demgegenüber an einen Trend staatlicher Entwicklungshilfe: Dass Deutschland und auch die EU immer mehr dazu übergingen, direkte Finanzhilfen an die Regierungen der Entwicklungsländer zu leisten, sei eine bedenkliche Entwicklung, die Korruption und Selbstbereicherung fördern könnten.