Wohlfahrtsverband bezeichnet Reform als "Bankrotterklärung"

Millionen schaffen Ausstieg aus Hartz IV nicht

Millionen Arbeitslosengeld-II-Empfänger schaffen die Rückkehr in ein normales Berufsleben nicht. Nach einer am Montag veröffentlichten Studie des Nürberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung erhielten rund drei Millionen Menschen von der Einführung der Hartz-IV-Reform im Januar 2005 an durchgehend bis Dezember 2007 Arbeitslosengeld II. Die Ergebnisse wertete der Paritätische Wohlfahrtsverband als Beleg des Scheiterns.

 (DR)

"Es ist nun endgültig belegt, dass es sich bei der Langzeitarbeitslosigkeit nicht in erster Linie um ein Vermittlungsproblem, sondern um ein Problem fehlender Arbeitsplätze und passgenauer Hilfen handelt", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, in Berlin. Es sei "geradezu eine arbeitsmarktpolitische Bankrotterklärung, wenn Hartz IV für mehr als die Hälfte der Bezieher perspektivlos auf dem Abstellgleis endet".
Lange Bezugsdauer und wiederholte Bedürftigkeit prägten Hartz IV, heißt es auch in der Studie. So hätten 78 Prozent der Arbeitslosengeld-II-Empfänger mindestens zwölf Monate in Folge staatliche Unterstützung benötigt.

Insgesamt nahmen im Untersuchungszeitraum 2005 bis 2007 fast zwölf Millionen Menschen mindestens einen Monat lang Hartz-IV-Leistungen in Anspruch. Das entspricht nach Angaben des Nürnberger Instituts 18 Prozent der Bevölkerung bis 65 Jahre. Über 65-Jährige haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II.

Alleinerziehende bleiben am längsten angewiesen
Nach den Ergebnissen der IAB-Studie schaffen kinderlose Paare und Alleinstehende den Ausstieg aus dem Leistungsbezug am schnellsten.
Alleinerziehende bleiben am längsten auf die Grundsicherung angewiesen. Die Hälfte der Alleinerziehenden benötigten die staatliche Hilfe drei Jahre nach Leistungsbeginn noch immer oder nach einer Unterbrechung bereits wieder. Bei Paaren ohne Kind betraf dies ein Drittel der Leistungsempfänger. Insgesamt seien etwa 40 Prozent der Bedürftigen spätestens nach einem Jahr erneut auf staatliche Unterstützung angewiesen gewesen.

Im Februar 2009 bezogen rund 6,7 Millionen Menschen Arbeitslosengeld II. Der Höchststand lag mit knapp 7,5 Millionen Menschen im Mai 2006. Rund zwei Millionen der Hilfeempfänger sind "arbeitslose erwerbsfähige Hilfebedürftige". Hinzu kommen Kinder, Hartz-IV-Aufstocker, Alleinerziehende, die wegen der Betreuung von Kindern unter drei Jahren nicht zur Arbeitsuche verpflichtet sind, sowie Menschen, die Ein-Euro-Jobs haben oder an Weiterbildungen der Arbeitsagenturen teilnehmen.

Angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise "dürfte sich die Situation noch einmal dramatisch verschlechtert haben", heißt es in der Mitteilung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Die Zahlen seien außerdem ein Beleg dafür, dass zu viele Hilfsangebote ins Leere gingen. "Statt Hilfen von der Stange, brauchen wir passgenaue Lösungen für jeden einzelnen", forderte Schneider.