Wohlfahrtspflege-Dachverband feiert 50-jähriges Bestehen

Moscheegemeinden als siebtes Mitglied?

Die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen (LAG) hat am Freitag ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) würdigte bei einem Festakt den Dachverband aus sechs Wohlfahrtsverbänden als einen "Eckpfeiler in unserem Sozialsystem".

 (DR)

Kraft betonte, dass ein stabiles Sozialsystem nicht ohne den Beitrag der 17 Fachverbände von Arbeiterwohlfahrt, Caritas, dem Paritätischen, Deutschen Roten Kreuz, Diakonie und den Jüdischen Gemeinden funktionieren könne.



Kraft verwies im Beisein von Vertretern aus Politik, Verwaltung und von Kooperationspartnern neben der Bedeutung der Spitzenverbände für den gesellschaftlichen Zusammenhalt auch auf ihre Bedeutung als wirtschaftlicher Faktor. Bundesweit seien 1,5 Millionen Menschen in

100.000 Einrichtungen für Kinder, Kranke, Behinderte, Pflegebedürftige, Senioren und Arme tätig, sagte sie. Mit 500.000 Menschen arbeitet allein ein Drittel der Beschäftigten der Wohlfahrtsverbände in NRW.



Die Ministerpräsidentin sicherte die Unterstützung seitens der Landespolitik zu. "Die Freie Wohlfahrtspflege braucht Finanzierungs- und Planungssicherheit. Das sehe ich sehr wohl", betonte Kraft. Die rot-grüne Landesregierung werde noch in diesem Jahr einen Aktionsplan vorlegen, wie der Sozialstaat stark bleiben, gleichberechtigte Teilhabe von Behinderten umgesetzt und präventive Ansätze gefördert werden können.



Der Münsteraner Sozialethiker und Religionssoziologe Karl Gabriel rief in einem Festvortrag die LAG-Mitgliedsverbände dazu auf, auch die soziale Arbeit der Moscheegemeinden als siebten Spitzenverband aufzunehmen. Dies wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Integration der muslimischen Bürger, sagte er.



Gabriel würdigte, dass die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrt die Herausforderung einer Professionalisierung bewältigt hätten. Ein flächendeckend eingeführtes Sozialmanagement hat den Dilettantismus in betriebswirtschaftlichen Fragen gründlich aufgeräumt. Der Wissenschaftler mahnte allerdings, dass das Handeln der Wohlfahrtspflegeeinrichtungen nicht in erster Linie auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein dürfe. Schlechte Arbeitsverträge für die Beschäftigten und ein Pokern um höhere Verdienste bei den Spitzenkräften seien abzulehnen, forderte er. Zugleich müssten Staat und Kommunen die eigenständige Rolle der Wohlfahrtsverbände respektieren.



Der LAG-Vorsitzende Andreas Meines betonte den Willen der LAG zur fortgesetzten partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit der Politik. Im Vorfeld des Festaktes hatte er allerdings darauf hingewiesen, dass die Verbände mit Sorge eine zunehmende Zerklüftung der sozialen Landschaft registrieren. Arme Kommunen sähen sich immer häufiger gezwungen, erhöhte Gebühren etwa für Kindergärten zu nehmen oder soziale Dienst ganz zu schließen. Das Land müsse seine Steuerungsfunktion verstärkt wahrnehmen, mahnte der Essener Caritas-Direktor.