Wohl kälteste Kirche der Welt befindet sich unter antarktischem Eis

Beten bei unter minus 20 Grad

Während in Deutschland sommerliche Temperaturen herrschen, ist in der Antarktis tiefster Winter. Temperaturen unter minus fünfzig Grad fordern die Bewohner. Zuflucht finden sie in einer Kirche, die in uraltes Eis geschlagen wurde.

Autor/in:
Moritz Mayer
Trotz der Abgeschiedenheit finden hier immer wieder Gottesdienste statt. / © Ejército Argentino/Argentinische Armee
Trotz der Abgeschiedenheit finden hier immer wieder Gottesdienste statt. / © Ejército Argentino/Argentinische Armee

An der eisig-blauen Gletscherwand hängen Holzkreuze, Ikonografien sowie in Schreinen eingefasste Marienfiguren. Auf dem frostigen Boden steht ein Holzaltar. Grelles Kunstlicht erhellt die höhlenartige Kammer, die von Menschenhand in den jahrtausendealten Gletscher gehauen wurde. Wer diese Kirche in der Antarktis betreten möchte, muss zunächst durch meterlange Gänge aus Eis gelangen.

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In der "Capilla de Nuestra Señora de las Nieves" ("Kapelle Unserer Lieben Frau vom Schnee") herrschen dauerhaft zweistellige Minusgrade. Dies geht aus einer Mitteilung des argentinischen Verteidigungsministeriums hervor, das die argentinische Forschungsstation Belgrano II in der Antarktis betreibt. Die Kapelle befindet sich unter der 1979 eröffneten Station. Sie ist Argentiniens südlichster Außenposten und zählt zu den kältesten bewohnten Orten der Welt. Sie liegt gerade einmal 1.300 Kilometer vom Südpol entfernt.

Die Forschungsstation Belgrano II, das ewige Eis und das weite Nichts. / © Argentinisches Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, internationalen Handel und Kultus
Die Forschungsstation Belgrano II, das ewige Eis und das weite Nichts. / © Argentinisches Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, internationalen Handel und Kultus
So hell wie auf dem Foto wird es zur Zeit in der Antarktis nicht. Hier herrscht gerade für fast den gesamten Tag absolute Dunkelheit.

Vier Monate lang gibt es hier ununterbrochen Tageslicht, vier Monate lang dämmert es und vier Monate – wie jetzt im Winter – herrscht komplette Finsternis. Laut dem argentinischen Verteidigungsministerium können Stürme so heftig werden, dass die Besatzung tagelang nicht ins Freie gehen darf.

Die Station wird von einer kleinen Crew mit rund zwei Dutzend Menschen betrieben. Darunter sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Militärangehörige sowie Techniker und Technikerinnen. Die Flora beschränkt sich auf ein paar Moose und Flechten. In dieser lebensfeindlichen Umgebung kann eine einfache Andacht ein entscheidender Halt sein.

Kilometerlange Tunnel im Eis schützen die Menschen vor lebensfeindlichen Temperaturen und gefährlichen Winden auf der Oberfläche. / © Argentinisches Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, internationalen Handel und Kultus
Kilometerlange Tunnel im Eis schützen die Menschen vor lebensfeindlichen Temperaturen und gefährlichen Winden auf der Oberfläche. / © Argentinisches Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, internationalen Handel und Kultus

Eine Kirche unter meterdickem Eis

Die Kapelle ist ein Ort, an dem Menschen, die monatelang vom Rest der Welt abgeschnitten sind, Gemeinschaft erleben und Trost finden. „Unsere Aufgabe ist es, die Herzen am Leben zu erhalten”, sagte Militärseelsorger Pater Enrique Saguier Fonrouge gegenüber ACI Prensa, einem Ableger von EWTN. Hier finden Andachten statt. Es wird gebetet und gesungen, manchmal auch einfach nur geschwiegen.

Spiritueller Halt im Eis

Da Pater Saguier Fonrouge nicht permanent auf der Station lebt, werden vor jeder Überwinterung zwei Besatzungsmitglieder zu Ministranten ausgebildet, erklärt er. So können Gottesdienste laut ACI Prensa auch in seiner Abwesenheit stattfinden. Durch eine Sondergenehmigung des Vatikans können sogar die Hostien für die Messfeiern vorher geweiht und in der Kapelle aufbewahrt werden.

Ein Mann trägt eine Marienfigur zur kleinen Kapelle. / © Ejército Argentino/Argentinische Armee
Ein Mann trägt eine Marienfigur zur kleinen Kapelle. / © Ejército Argentino/Argentinische Armee

Die kälteste Kirche der Welt

Für viele Soldaten und Forscher, die hier mehrere Monate oder gar Jahre verbringen, ist der Glaube ein wichtiger Halt, sagt Pater Fonrouge. Das Leben im Eis kann nämlich nicht nur körperlich, sondern auch psychisch anstrengend sein – vor allem, wenn die endlose Dunkelheit auf die Stimmung drückt oder das Heimweh übermächtig wird.

Während draußen Schneestürme toben und die Temperaturen auf minus 50 Grad und weniger fallen, hallen ihre Stimmen durch die Gänge aus Eis von Belgrano II: Die Menschen beten auch jetzt im antarktischen Winter weiter – in der wohl kältesten Kirche der Welt.

Quelle:
DR

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