Wissenschaftsjahr 2019 befasst sich mit Künstlicher Intelligenz

Initiative will die Öffentlichkeit neugierig machen

Um die Meere ging es bereits, um die Arbeitswelt oder auch die Stadt der Zukunft: In jedem "Wissenschaftsjahr" steht eine Disziplin oder ein aktuelles Thema im Mittelpunkt. 2019 geht es um Künstliche Intelligenz.

Autor/in:
Paula Konersmann
 (DR)

Wie viele Vorurteile ist auch das Klischee vom akademischen Elfenbeinturm häufig ungerecht - hält sich aber hartnäckig. Ein Versuch, Fragen aus der Forschung in einer breiten Öffentlichkeit zu diskutieren, ist seit dem Jahr 2000 das "Wissenschaftsjahr". Standen anfangs eher Disziplinen wie Physik, Chemie oder Mathematik im Fokus, so ging es zuletzt um aktuelle Themen: die Zukunft der Energie etwa oder die "demografische Chance".

Es geht nicht nur um Technik

2014 drehte sich das Jahr um die digitale Gesellschaft. Im Wissenschaftsjahr 2019, das am kommenden Dienstag (19. März) startet, wird ein ähnliches Thema aufgegriffen: Künstliche Intelligenz (KI). Die Initiative, die das Bundesforschungsministerium gemeinsam mit Wissenschaft im Dialog (WiD) ausrichtet, soll das Interesse der Öffentlichkeit wecken und Debatten anstoßen.

Es ist ein Beitrag zur "Strategie Künstliche Intelligenz", die die Bundesregierung im Sommer beschlossen hatte. Das Thema KI werde den Alltag in vielen Bereichen verändern, heißt es in einer Ankündigung des Wissenschaftsjahrs. Umso wichtiger sei es, sich damit zu beschäftigen. In diesem Austausch solle es nicht allein um technische Möglichkeiten, sondern auch um soziale, ökologische, ethische und rechtliche Aspekte gehen.

Umfrage zum Begriff "Künstliche Intelligenz"

Die bundesweite Aktion scheint zum rechten Zeitpunkt zu kommen: Um das Thema KI herrscht ein regelrechter Hype. Unterschiedlichste Zukunftsszenarien, Erwartungen und Sorgen sind damit verknüpft. 94 Prozent der Deutschen kennen den Begriff "Künstliche Intelligenz" laut einer Umfrage des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) aus dem vergangenen Frühjahr.

Doch nur 23 Prozent gaben an, ihn genau erklären zu können. Eine grobe Erklärung trauten sich 51 Prozent zu; immerhin 19 Prozent erklärten jedoch, sie könnten sich darunter nichts Genaues vorstellen. 69 Prozent zeigten sich besorgt, dass durch KI künftig Arbeitsplätze wegfallen könnten.

Seelsorge mit Alexa

Inhaltliche Schwerpunkte des Wissenschaftsjahrs sollen laut Ankündigung unter anderem Mobilität, Gesundheit und Pflege sowie Industrie 4.0 sein. Die Themen, die nicht nur diesem Rahmen unter dem Schlagwort KI diskutiert werden, sind vielfältig - und entsprechend zahlreich sind Wortmeldungen von Fachleuten aus verschiedensten Bereichen.

Auch die Kirche stellt sich der Herausforderung: Es könne nicht darum gehen, KI zu verteufeln, sagte kürzlich der evangelische Dogmatiker Dirk Evers. Ende Februar fand an der Päpstlichen Akademie im Vatikan eine Tagung zum Einsatz von Robotern im Gesundheits- und Pflegewesen statt, im kommenden Jahr soll dort KI im Mittelpunkt stehen. Und das Bistum Essen betreibt Seelsorge neuerdings auch per Amazon-Sprachassistentin Alexa.

Umstrittener Begriff

Die Frage, ob und wie Maschinen moralische Entscheidungen treffen könnten, treibt auch Informatiker um. So forderte der Vizepräsident der Gesellschaft für Informatik, Alexander von Gernler, kürzlich eine stärkere Beachtung ethischer Fragen in seinem Fach. Vor einem Jahr veröffentlichte Richard David Precht - immerhin "Deutschlands Lieblingsphilosoph" (vice.com) - eine "Utopie für die digitale Gesellschaft".

Schon der Begriff KI ist dabei durchaus umstritten. Maschinen seien nicht im menschlichen Sinne intelligent, argumentiert etwa die Wirtschaftsinformatikerin Sarah Spiekermann, daher sei der Begriff irreführend. Der Direktor des Jesus College in Oxford, Nigel Shadbolt, fordert indes ethische Grenzen und entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen: "Maschinen mit Bewusstsein wird es nur geben können, wenn wir diese Möglichkeit ausdrücklich zulassen. Aber vielleicht wird ja genau das durch Gedankenlosigkeit passieren."

"Teilgebiet der Informatik"

Die Definition auf der Seite des Wissenschaftsjahres, formuliert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, kommt vergleichsweise nüchtern daher: KI bezeichne "ein Teilgebiet der Informatik", heißt es dort. Im Zentrum stehe die Entwicklung von Programmen und Maschinen, die "in bestimmten Teilbereichen" die Leistungsfähigkeit menschlicher Intelligenz aufwiesen.

Sie lernten aus vorgegebenen Beispielen und leiteten aus großen Datenmengen verallgemeinernde Regeln ab. Das klingt nach einer Grundlage für viele spannende Debatten.


Quelle:
KNA