Wissenschaftler: Wie aus Fremdenangst Hass entstehen kann

Von der Angst vorm Unbekannten

Was der Mensch nicht kennt, ist ihm "nicht geheuer", er hat Angst davor. Das war immer so, ist so und wird so bleiben. Dabei ist Angst vor dem Fremden an sich nicht schlimm. Erst der falsche Umgang mit ihr macht daraus ein gesellschaftliches Problem.

Pegida gilt als Beispiel, wenn aus übersteigerter Angst vor dem Unbekannten Fremdenhass wird / © Arno Burgi (dpa)
Pegida gilt als Beispiel, wenn aus übersteigerter Angst vor dem Unbekannten Fremdenhass wird / © Arno Burgi ( dpa )

Angst vor dem Fremden oder Unbekannten ist nach Worten des Biologen und Evolutionstheoretikers Franz M. Wuketits eine natürliche Disposition des Menschen. Unter bestimmten politischen oder gesellschaftlichen Rahmenbedingungen könne diese eigentlich positive Überlebensstrategie aber auch in dramatisch negative Verhaltensweisen entgleiten, sagte der Wissenschaftler am Freitagabend auf einer Tagung der Evangelischen Akademie Villigst in Schwerte.

Dann könne sich schnell aus einer natürlichen Skepsis vor dem Unbekannten plötzlich eine übersteigerte Fremdenangst, eine Fremdenfeindlichkeit und schließlich ein ungehemmter Fremdenhass entzünden.

Angst gehört dazu

Die Angst vor dem Fremden sei ein uraltes, geradezu "allzeitliches" Phänomen der Menschheit, sagte der Lehrbeauftragte am Institut für Philosophie der Universität Wien: "Eine gewisse Skepsis gegenüber allem Fremden ist praktisch unausrottbar in uns allen vorhanden. Niemand wächst wirklich global auf, und niemand fühlt sich wirklich überall gleich wohl."

Leider berücksichtige die Politik bei ihren Lösungsversuchen zur Überwindung der Fremdenfeindlichkeit diese anthropologischen Konstanten aus offensichtlicher Unwissenheit nicht, kritisierte der Wissenschaftler. Ohne diese Einsicht könnten jedoch keine tragfähigen Lösungen im Sinne eines stabil-friedlichen Mit- und Nebeneinanders entwickelt werden.

Zu seiner Angst stehen

Nicht das Verdrängen, sondern das Anerkennen einer buchstäblichen Urangst vor dem Fremden könne der Schlüssel zur Konfliktbewältigung sein, betonte Wuketits. Die im Menschen angelegte Stärke des Wir-Gefühls, die auch sehr schnell in Ausgrenzung und radikale Ablehnung umschlagen könne, dürfe dabei gar nicht bestimmend genug eingeschätzt werden:

"Die Angst vor dem Fremden leitet nun einmal, bewusst wie unbewusst, unsere menschliche Wahrnehmung. Das müssen wir als gegeben hinnehmen und akzeptieren. Und genau von dort aus relevante, tragfähige Lösungsstrategien für das Miteinander erarbeiten."


Quelle:
epd