Wissen und Weisheit der Hildegard

Da wir nicht immer im Himmel weilen können

Am 17. September ist Tag der Hl. Hildegard von Bingen. In der katholischen Kirche wird sie verehrt als Patronin der Naturwissenschaftler und Sprachforscher und vor allem für ihre Heilkunde ist sie berühmt.

Eine Figur der Hildegard von Bingen (dpa)
Eine Figur der Hildegard von Bingen / ( dpa )

Es gibt sie heutzutage in großer Zahl: die Hildegard-Gärten. Kräutergärten, die sich in ihrer Anlage und Auswahl der Pflanzen auf die Heilige Hildegard berufen. Mit großem Charisma war Hildegard als Heilerin tätig, verfasste die erste deutsche Naturkunde überhaupt. Allein über 200 Pflanzen beschreibt sie darin. Und manches von dem ist tatsächlich heute noch gültig oder wurde wieder wiederentdeckt.

Grundregel Maß halten

Wichtig aber vor allem ist Hildegards ganzheitlicher Ansatz, die Liebe, so schreibt sie, brauche das diskrete Maß:

"Wann auch immer der Körper des Menschen ohne Diskretion isst und trinkt oder etwas anderes dieser Art verrichtet, werden die Kräfte der Seele verletzt, weil alles nur mit Maß ausgeführt werden soll, da nun einmal der Mensch nicht ständig im Himmel weilen kann."

Es ist eine Grundregel von Hildegards Heilkunde, Maß zu halten, auch übertriebenes Fasten lehnt sie ab. Und es geht ihr um die Ausgewogenheit von Ruhe und Aktivität, um seelische Ausgeglichenheit. Geraten Seele und Leib aber aus dem Takt, hat Hildegard dann auch ihre Kräuter. Wermut zum Beispiel spielt bei ihr eine zentrale Rolle:
"Die Wermut Kur ist der Meister gegen alle Schwächen. (..) Wermut Elixir beseitigt in dir die Nierenschwäche und die Melanche, klärt die Augen und stärkt dein Herz und läßt nicht zu, daß deine Lunge krank wird. Es wärmt den Magen und Darm, reinigt die Eingeweide und bereitet eine gute Verdauung."

Von Gott angewiesene Heilmittel

Auch bei manch anderen Pflanzen wie Fenchel oder Leinsamen entsprechen Hildegards Empfehlungen heutiger heilkundlicher Sicht, andere Rezepte erinnern eher an alte Magie. Für Liebeskranke empfiehlt sie zum Beispiel die Betonie, man solle Blätter der Betonie unter anderem in ein Nasenloch und unter die Zunge stecken und die Pflanze so lange anstarren, bis die Blätter durch die Körpertemperatur warm werden. Hildegards Verdienst tun solche Empfehlungen keinen Abbruch, denn in all ihrer Heilkunde steckt vor allem immer das eine Credo, dass jeder für seine gesunde Lebensführung verantwortlich ist. Und sie weiß auch um die Grenzen all der Heilkäuter:
"Für die oben besprochenen Krankheiten sind von Gott die nachstehenden Heilmittel angewiesen worden: sie werden entweder den Menschen befreien oder er wird sterben."

Alles antwortet einander

Oder um es anders zu sagen – und dass ist unser eigentlicher Gartentipp – es ist schon heilsam und gesund, wie Hildegard Kräuter anzupflanzen, sich mit allen Sinnen um Gottes Schöpfung zu bemühen. Die Gartenarbeit an sich hat schon einen hohen Wert. Gerade jetzt wenn im Herbst die Sonnenstunden knapp und die Zeit an der frischen Luft kostbar wird. Und dabei sollte man sich Hildegards theologische Grundregel zu eigen machen, die da heißt:
"Alles nämlich, was in der Ordnung Gottes steht, antwortet einander."

Buchtipp: Unter den vielen Büchern zum Thema Hildegard und Hildegardgärten sind die Originaltexte in deutscher Übertragung spannend zu lesen. Herausgegeben von den Benediktinerinnen der Abtei St. Hildegard, Eibingen, erschienen im Beuroner Kunstverlag