Kölner Generalvikar begrüßt Glockengeläut und Andachten

"Wir stehen hier zusammen"

An diesem Freitag werden um 18 Uhr im ganzen Land die Glocken läuten zum Gedenken an die Flutopfer. Für den Kölner Generalvikar Markus Hofmann ist die Aktion ein "verbindendes Zeichen auch über die Konfessionsgrenzen hinweg."

Generalvikar Msgr. Markus Hofmann (Erzbistum Köln)

DOMRADIO.DE: Als der Wunsch an Sie herangetragen wurde, ob auch das Erzbistum Köln mitmacht bei der Aktion, alle Glocken zu läuten, haben Sie gar nicht gezögert und haben sofort gesagt: Ja, wir sind dabei. Warum?

Msgr. Dr. Markus Hofmann (Generalvikar des Erzbistums Köln): Ich halte diesen Gedanken für sehr sinnvoll und gut. Wir haben am Beginn der Corona-Pandemie auch immer wieder die Glocken geläutet und eingeladen, in dieser Situation zu beten. Nun haben wir eine andere große Herausforderung. Viele Menschen sind von schwerem Unglück heimgesucht, haben Angehörige verloren, haben ihr Hab und Gut verloren.

Neben der wichtigen materiellen Hilfe, die ja auch läuft, ist es, denke ich, auch wichtig, Gott zu bitten, um seine Hilfe, der Verstorbenen zu gedenken und auch die Solidarität auszudrücken, die uns alle verbindet.  Auch der Dank und die Anerkennung an die vielen Helferinnen und Helfer, die zum Teil spontan, zum Teil gut organisiert eingetreten sind – das alles soll in diesem Glockengeläut heute Abend zum Ausdruck kommen. Und natürlich vor allem: die Einladung zum Gebet.

DOMRADIO.DE: Welche Glocken werden im Erzbistum Köln läuten? Werden auch die Glocken des Kölner Doms läuten?

Hofmann: Selbstverständlich werden auch die Glocken des Kölner Doms läuten. Welche Glocken dann an den einzelnen Kirchen läuten, das sollen die Verantwortlichen vor Ort entscheiden. Aber ich denke, dieses verbindende Zeichen auch über die Konfessionsgrenzen hinweg ist ein wirklich deutliches Zeichen: Wir stehen hier zusammen angesichts dieser Herausforderung.

DOMRADIO.DE: Es werden nicht nur die Glocken läuten. Alle Menschen, alle Gläubige sind eingeladen, zu einer Andacht, ein Gebet zu sprechen. Wie kann das aussehen? Was für ein Gebet kann das sein?

Hofmann: An manchen Orten ist um diese Uhrzeit ohnehin ein Gottesdienst, sei es, dass es eine Andacht ist, ein Rosenkranzgebet, eine heilige Messe. Wir haben auch einen Vorschlag herumgemailt, wie das aussehen könnte, eine kleine Andacht. Das kann man zu Hause tun, das kann man mit anderen, mit Freunden tun und das kann man auch alleine praktizieren. Am schönsten ist es natürlich, wenn es möglich ist, der Einladung der Glocken zu folgen und in die Kirche zu kommen. Wie das im Einzelnen aussieht, da ist große Freiheit und großer Spielraum.

DOMRADIO.DE: Die Andacht, das Glockengeläut ist das eine, die Solidarität über das Gebet. Aber die praktische Hilfe ist auch wichtig. Unser Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hat seinen Urlaub sofort unterbrochen und ist in den betroffenen Gemeinden unterwegs. Er packt auch mit an. Haben Sie ihn schon gesprochen? Was erzählt er von diesen Begegnungen?

Hofmann: Das sind Begegnungen, die ihn sehr bewegen und berühren. Ich denke, wie uns alle, die wir in irgendeiner Weise in Kontakt kommen. Der Herr Kardinal hat jetzt viele Besuche gemacht und fährt auch darin fort. Was ihn beeindruckt und berührt, ist natürlich einmal das Unvorstellbare, was da geschehen ist, was wir uns ja alle nicht hätten vorstellen können, wo auch die meisten von uns gar keine Erfahrung haben. Die ältere Generation sagt: Das ist manchmal so ähnlich wie im Krieg. Aber weder der Herr Kardinal noch ich, noch unsere Generation haben jetzt eine unmittelbare Erinnerung an diese Zustände.

Da sind die Zerstörung und das Leid der Menschen, die sich jetzt nach und nach aus Traumatisierungen erholen, die realisieren, was da eigentlich passiert ist, und andererseits ist da auch diese ausgezeichnete, diese großartige Hilfsbereitschaft, die an vielen Orten wahrzunehmen ist. Dabei gibt es auch solche Menschen, die schon stundenlang geholfen haben, etwa bei der Polizei, bei der Bundeswehr und bei anderen dann ihre Freizeit noch einmal investieren, wo sie sich eigentlich erholen sollten für den nächsten Einsatz und sagen: Es ist hier so viel zu tun, wir packen jetzt weiter mit an – bis an die Grenze des physisch Möglichen. Das Ganze ist verbunden mit der Haltung: Wir schaffen das. Wir gehen das an, was hier möglich ist, ohne das Leid kleinzureden.

DOMRADIO.DE: Die Solidarität ist groß. Auch das Erzbistum Köln hilft. Sie haben da sicher gerade viel zu tun, um die Hilfe zu koordinieren. Wie hilft das Erzbistum Köln?

Hofmann: Wir haben unsere Tagungshäuser zur Verfügung gestellt, haben Betten frei gemacht im Collegium Albertinum und auch darüber hinaus noch in weiteren Räumlichkeiten. Leerstehende Dienstwohnungen stehen zur Verfügung. Das alles wird Gott sei Dank mithilfe des Diözesancaritasverbandes unkompliziert organisiert. Darüber hinaus gibt es auch viele, die sagen: Wir haben hier Sachspenden. Es gibt Spendenkonten, Caritas International hilft.

Wir haben die Nachbarschaftshilfe erst einmal aufgestockt auf dem schon bestehenden Betrag. Und wenn da mehr nötig ist, werden wir auch mehr zur Verfügung stellen können. Wir müssen jetzt schauen, dass das alles möglichst zügig zu den Menschen kommt. Aber gleichzeitig muss man natürlich auch ein bisschen Überblick behalten. Ich habe gehört, dass an manchen Stellen Sachspenden im Moment nicht wirklich helfen. An anderen Stellen durchaus.

Ich habe auch gehört, dass es viele Initiativen vor Ort gibt. Gemeinden, Einrichtungen, Institutionen, die Essen besorgen, die kochen. Die sagen: "Ihr könnt uns eure Wäsche geben, wir sorgen dafür, dass das gemacht wird." Es sind ja tausend Dinge des Alltags, die zu tun sind. Und da ist das Erzbistum natürlich auch mit dabei.

DOMRADIO.DE: Wenn heute Abend um 18 Uhr die Glocken läuten, alle zu einer kleinen Andacht, einer Solidaritätsandacht für die Flutopfer eingeladen sind, wie werden Sie um 18 Uhr die Zeit verbringen? Wie sieht das bei Ihnen aus?

Hofmann: Ich habe heute Abend bis 18 Uhr ein seelsorgliches Gespräch und werde dann die Person, die dann da ist auch einladen, dass wir uns auch verbinden mit diesem Gebet. Und ich bin sicher, dass das dann auch gemeinsam geschehen kann.

Das Interview führte Johannes Schröer.


Quelle:
DR