DOMRADIO.DE-Sommeraktion: Meine Heimatkirche

"Wir sind in vierzig Jahren nicht weitergekommen"

DOMRADIO.DE-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen trifft Menschen vor ihren Heimatkirchen: Petra Monkenbusch aus Rheda-Wiedenbrück fühlt sich ihrer Kirche sehr verbunden. Doch die Benachteiligung von Frauen und die Missbrauchsfälle machen ihr zu schaffen.

Pfarrkirche Sankt Aegidius in Wiedenbrück / © Ingo Brüggenjürgen (DR)
Pfarrkirche Sankt Aegidius in Wiedenbrück / © Ingo Brüggenjürgen ( DR )

DOMRADIO.DE: Frau Monkenbusch, die Kirche Sankt Aegidius in Wiedenbrück ist Ihre Heimatkirche? 

Petra Monkenbusch (Gläubige aus Sankt Aegidius in Rheda-Wiedenbrück): Ja, genau. Das ist meine Heimatkirche. Ich bin hier getauft worden. Ich bin hier zur Kommunion gegangen. Ich bin hier zur Firmung gegangen. Ich habe hier geheiratet. Meine Kinder sind hier getauft worden, zur Kommunion und zur Firmung gegangen. Und wie das Ganze weitergeht, das wird man sehen. Ob meine Kinder sich hier auch trauen lassen, das wird sich zeigen. Ich vermute mal, dass meine Beerdigung hier auch stattfinden wird. 

DOMRADIO.DE: Was ist es, was Ihr Herz höher schlagen lässt, wenn Sie vor dieser Kirche stehen? 

Monkenbusch: Zum einen ist es die Kirchenmusik, der ich sehr verbunden bin. Es ist aber auch der Gottesdienst am Sonntag: einfach die Möglichkeit, mal runterzukommen. Ich empfinde das als meditative Stunde in der Woche, in der immer so viel los ist, einfach mal zur Besinnung zu kommen. Ich liebe auch den regulierten und geregelten Ablauf. Damit kann ich mich durchaus anfreunden. Ich habe hier schon so viele Gottesdienste, Pfarrfeste, Wallfahrten und Projekte erlebt - das ist in meine DNA eingegangen. Das ist ein Gefühl von "zuhause sein". 

DOMRADIO.DE: Gibt es auch Dinge, die Sie gegenwärtig bedrücken, wo Sie sagen: Da mache ich mir Sorgen - auch um die Kirche im weiteren Sinne? 

Monkenbusch: Das ist natürlich ganz extrem der Fall. Ich habe selber Theologie studiert, vor über vierzig Jahren. Da war ich im Bereich feministischer Theologie unterwegs. Ich bedauere zutiefst, dass wir da kein Stück weitergekommen sind, dass die männliche Dominanz so extrem ist, dass die Gottesebenbildlichkeit von Mann und Frau nicht auch im Priestersein der Frau ihren Niederschlag findet. Ich kann das nicht nachvollziehen. Wir sind in vierzig Jahren nicht weitergekommen. Zunehmend finde ich das bedrückend.

Auch die Missbrauchsfälle haben mir sehr zu schaffen gemacht, machen mir weiter sehr zu schaffen und führen mich immer wieder an die Grenze. Zum einen diese große Liebe und die Verbundenheit - und dann aber auch die Entfernung. 

DOMRADIO.DE: Jetzt sind Sie zum einen Mutter von mehreren Kindern und Sie sind auch Lehrerin. Wenn Sie den Glauben vermitteln, welche Schwierigkeiten haben Sie gegenwärtig? 

Monkenbusch: Extreme Vermittlungsprobleme. Ich glaube auch, Vermittlung ist insgesamt das Stichwort. Das ist das, was vielleicht auch die Kirche zu wenig im Blick hatte. Früher konnte der Glaube einfach automatisch weitergegeben werden. Das geht heute in ganz vielen Bereichen nicht. Vermittlung ist eine Herkulesaufgabe: die Sprache der Jugendlichen zu finden, ihre Bedürfnisse, ihre Wünsche. Ich glaube, das hat in den letzten Jahren nicht stattgefunden und auch das Bewusstsein für die Notwendigkeit der Vermittlung fehlte.

Es ist wirklich schwierig, die Jugendlichen noch zu erreichen. Das Band ist fast gerissen zwischen der Kirche und den Jugendlichen - wobei sie schon auch religiöse Bedürfnisse haben. Aber sie verstehen die Sprache nicht, sie verstehen viele Rituale nicht. Das alles müsste wieder neu vermittelt werden. 

DOMRADIO.DE: Was ist es, was Sie Ihren Kindern eigentlich mit auf den Weg geben möchten? 

Monkenbusch: Mein anderer großer Zugang zur Kirche ist immer das Thema Gerechtigkeit gewesen. Ich glaube, das ist unser großer Schatz, den wir haben. Das ist unsere Botschaft: die Heiligung jedes einzelnen Individuums - egal ob hochbegabt oder geistig behindert. Die Spannbreite könnte nicht größer sein. Unsere Botschaft ist kompatibel mit den Menschenrechten. Diesen Schatz, den wir haben, uns einzusetzen für Benachteiligte, gegen Ungerechtigkeit - das ist für mich das Zentrale und ist natürlich heute auch wunderbar zu verknüpfen mit der Bewegung "Fridays for Future", mit ökologischen Bewegungen, die es auch unter Jugendlichen gibt. Es wäre natürlich wunderbar, wenn das verbunden und verknüpft werden könnte und die nicht abseits von Kirche ihren Weg gehen. 

DOMRADIO.DE: Was ist der Wunsch, den Sie für sich ganz persönlich haben, für sich als Christin? 

Petra Monkenbusch: Dass ich nicht immer in dieser Zerrissenheit leben muss. Das wäre natürlich schön, wenn die aufgehoben würde. In der Tat, wenn es diverser und vielfältiger auch auf Leitungsebene der Kirche würde.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.


Petra Monkenbusch / © Ingo Brüggenjürgen (DR)
Petra Monkenbusch / © Ingo Brüggenjürgen ( DR )
Quelle:
DR