Katholische US-Bischöfe sind geteilter Meinung über Trump

"Wir brauchen Sie mehr als je zuvor"

Die Stimmen religiöser US-Amerikaner könnten die US-Präsidentschaftswahlen entscheiden. Evangelikale halten trotz sinkender Zustimmung fest zu Donald Trump. US-Katholiken zeigen sich gespalten - vorneweg die Bischöfe.

Autor/in:
Bernd Tenhage
Kardinal Timothy M. Dolan (l.) neben Donald Trump (Archiv) / © Gregory A. Shemitz/CNS photo (KNA)
Kardinal Timothy M. Dolan (l.) neben Donald Trump (Archiv) / © Gregory A. Shemitz/CNS photo ( KNA )

Es klang wie eine Rechtfertigung. "Beten heißt, zu Gott zu sprechen. Das ist nicht politisch oder parteilich", erklärte der New Yorker Kardinal Timothy Dolan. Es ging um die Frage, warum er die Einladung Donald Trumps angenommen hatte, auf dessen bis Donnerstag laufenden Krönungsparteitag Gottes Segen herbeizurufen.

Dolan weiß, wie kontrovers sein Auftritt bei den Republikanern ist. Dass er 2017 bei der Amtseinführung für den Präsidenten betete, ließ nicht wenige die Nase rümpfen. Noch mehr erregte der Kardinal die Gemüter, als er Trump im April bei einer Video-Schalte mit 600 katholischen Kirchenführern den Hof machte. "Wir brauchen Sie mehr als je zuvor", sagte Dolan zur Finanzierung katholischer Schulen.

Kritiker wie die Chefredakteurin des "National Catholic Reporter", Heidi Schlumpf, meinen, Dolan habe sich von Trump "vor den Karren spannen lassen, katholische Stimmen zu mobilisieren".

Trump braucht jede Stimme

Der in den Umfragen vor der Wahl im November zurückliegende Präsident braucht jede Stimme. Da die Katholiken in den USA traditionell mit dem Sieger stimmen, stehen sie besonders im Fokus. 2016 holte Trump dank der konservativen Katholiken eine Mehrheit. Diesmal sehen Umfragen die liberalen Katholiken vorn.

Dolan kommt als Erzbischof von New York, nicht als Vertreter der US-Bischofskonferenz, die ein gespaltenes Verhältnis zu Trump hat.

Der Kolumnist für den "Religion News Service", Thomas Reese, hat mehr als 160 Pressemitteilungen der Bischöfe aus der Zeit zwischen Januar 2019 und Juli 2020 analysiert. Er kommt zu dem Schluss, dass die Hirten sich rechts von der Mitte positionieren - bei bestimmten Themen lägen sie mit dem Rechtspopulisten allerdings über Kreuz.

Etwa die Kritik der katholischen Kirchenführer am Umgang mit Flüchtlingen und Einwanderern habe Protestqualität, so Reese. Die Politik der Regierung sei "entsetzlich", "unmenschlich" und "gegen amerikanische und christliche Werte", lauten entsprechende Einschätzungen der Bischöfe.

Klar Anti-Trump wertet Reese auch kirchliche Kommentare zum Mauerbau an der Südgrenze. Ein "Symbol der Spaltung und Feindseligkeit", urteilen die Bischöfe - unisono mit Papst Franziskus. Ebenso plädieren sie für ein dauerhaftes Bleiberecht der sogenannten Dreamer, die als Kinder ohne gültige Papiere ins Land gekommen waren. Darüber liegen sie im Dauerclinch mit Trump.

Kritik an politischen Entscheidungen

Dessen Ausstieg aus dem Pariser Klimavertrag verurteilt die Bischofskonferenz ebenso wie die Wiederaufnahme von Hinrichtungen nach Bundesrecht. Eine klare Position nehmen die Bischöfe auch zu den Protesten gegen Rassismus und Polizeigewalt ein.

Bischof Mark Seitz aus El Paso kniete mit einem "Black Lives Matter"-Plakat in den Händen minutenlang - zum Gedenken an den Tod des Schwarzen George Floyd unter dem Knie eines weißen Polizisten. Washingtons erster schwarzer Erzbischof Wilton Gregory kritisierte Trumps Besuch am Schrein von Papst Johannes Paul II. inmitten landesweiter Anti-Rassismus-Proteste als "verwirrend und verwerflich".

Es gibt aber auch Zustimmung

In der Abtreibungsfrage stehen die US-Hirten hingegen hinter Trump. Sie begrüßen seine Pro-Life-Politik ohne Wenn und Aber, ebenso den Ausschluss von Steuergeldern für die Forschung mit fötalem Gewebe. Dasselbe gilt für Fragen der nationalen und internationalen Religionsfreiheit.

Schließlich ist da noch die Geldspritze, mit der Trump den Kirchen in der Corona-Pandemie unter die Arme griff. Darauf hatte Kardinal Dolan hinter den Kulissen hingearbeitet. Dass er nun den Segen über den Parteitag herabruft, wird von nicht wenigen als Danksagung an den Präsidenten verstanden. Dass Dolan damit die politisch etwa hälftig geteilte katholische Wählerschaft bewegt, ist laut Analysten eher unwahrscheinlich.

Denn auch konservative Katholiken erschreckt laut Umfragen der Umgang des Präsidenten mit der Pandemie. Hier hat Trump deutlich an Vertrauen eingebüßt. Sein Herausforderer Joe Biden genießt als praktizierender Katholik einen gewissen Heimvorteil. Wegen seiner Haltung zur Abtreibung - die er persönlich ablehnt, politisch aber nicht einschränken will - kann Biden jedoch nicht auf die volle Rückendeckung der Bischöfe zählen.


US-Bischöfe / © Paul Haring (KNA)
US-Bischöfe / © Paul Haring ( KNA )
Quelle:
KNA