DOMRADIO.DE: Sie bezeichnen sich selbst als Schreiberin. Was gibt Ihnen persönlich denn das Schreiben mit der Hand? Was ist für Sie daran so besonders?
Marion Braun (Liebenzeller Gemeinschaft Waldbrunn): Für mich ist daran besonders, dass ich es wieder nachlesen kann, was ich mal gehört habe und dass ich das auch nicht so schnell vergesse. Für mich selber ist es wichtig, Dinge aufzuschreiben, um mich besser daran zu erinnern.
DOMRADIO.DE: Sie schreiben Texte des Neuen Testaments ab. Wie ist es dazu gekommen?
Braun: Das war eine Idee im Urlaub. Ich hatte einen Artikel aus der Zeitschrift Factum aus der Schweiz gelesen, den Thomas Lachenmeyer verfasst hat. Da ging es um das Wort mit Leib und Seele bewegen. Er hat darin Mut gemacht, man sollte sich doch die Bibel vornehmen und anstatt nur zu lesen, auch mal schreiben.

So kam die Idee, wir könnten ja mal anfangen, in unserer Gemeinde Texte aus dem Neuen Testament zu schreiben. Ich habe dann mithilfe meiner Familie einen Flyer gestaltet, den wir verteilt haben. So ging das Ganze los.
DOMRADIO.DE: Ihre Gemeinde ist aber nicht so besonders groß.
Braun: Nein, die ist ziemlich klein. Wir haben es auch nicht nur bei der Gemeinde belassen, sondern wir haben den Flyer bei uns im Bezirk verschickt. Ich habe das auch an die Zeitschrift Factum in die Schweiz und nach Amerika verschickt.
DOMRADIO.DE: Überregional und weltweit dürfte man bei Ihrem Projekt mitmachen. Sie sind nur 20 Menschen in Ihrer Gemeinschaft. Sie haben also Werbung gemacht, andere Menschen gefunden, die Bibeltexte abgeschrieben haben. Wie hat das denn konkret ausgesehen? Im Mittelalter hat man ja die Anfangsbuchstaben kunstvoll verziert, das hat sehr lange gedauert, man hat besonderes Papier oder Tinte benutzt. Wie haben Sie das gemacht?

Braun: Nein, das haben wir nicht gemacht. Wir haben keine Vorlagen gegeben, sondern einfach nur das Format. Weil der Gedanke dahinter war, wir würden das gerne binden lassen. Dann braucht es einfach ein gutes Format.
Ansonsten haben wir den Schreibern freie Wahl gelassen, wie sie schreiben möchten, ob Schreibschrift oder Druckbuchstaben und auf welchem Papier. Das war egal.
DOMRADIO.DE: Soll die von Ihnen geschriebene Bibel für die Nachwelt irgendwie erhalten bleiben, beziehungsweise wer soll sie lesen?
Braun: Alle, die zu uns ins Gemeindehaus kommen, dürfen sie natürlich lesen, wenn sie denn dann mal fertig ist und auch sonst, wer möchte.
DOMRADIO.DE: Wenn Sie Bibeltexte abschreiben, bekommen Sie dann einen anderen Zugang zu den Texten, als wenn Sie die nur lesen?
Braun: Auf jeden Fall bekommt man einen anderen Zugang. Im Alten Testament hat Gott selber schon geschrieben. Er hat die zehn Gebote geschrieben und sie Mose gegeben. Wenn Gott schreibt, dann ist es ja sicher auch für uns gut, wenn wir schreiben.

Von meinen Mitschreibern habe ich nur positive Resonanz bekommen. Der Text würde sehr viel intensiver erfahren. Das Schreiben ist wie eine Andacht. Man liest es mehr, nicht nur einmal. Es ist auch ganz schwierig möglich, was zu überlesen.
Zum anderen ist die Schrift ja auch etwas ganz persönliches und spiegelt die Verfassung des Schreibers wider. Also so wie Thomas Lachenmeier schreibt: ein Bibelstudium mit Leib und Seele.
DOMRADIO.DE: Sie haben das Neue Testament noch nicht geschafft. Sie brauchen noch Menschen, die mithelfen und schreiben. Und die können sich natürlich gerne auch bei Ihnen melden. Wie beurteilen Sie denn die Entwicklung, dass junge Menschen heute deutlich weniger mit der Hand schreiben als früher?
Braun: Ich bin in der Kinderarbeit bei uns in der Gemeinde tätig. Das ist eine Jungschar von 8 bis 12 Jahren. Auch da habe ich festgestellt, dass die Kinder nicht mehr richtig schreiben können, obwohl sie zum Teil schon in die dritte oder vierte Klasse gehen.
Das hat mich wieder bestärkt in der ganzen Sache, den Kindern auch bei uns in der Jungschar immer wieder die Möglichkeit zu geben, einen Vers zu lernen, einen Vers zu schreiben, weil man sich das einfach besser merken kann.
Das Interview führte Dagmar Peters.