Wielgus widerspricht Sicherheitsdienst-Vorwürfen von Historikern: "Habe niemandem geschadet"

Polen: Debatte um Erzbischof verschärft sich

Die Debatte um eine Zusammenarbeit des neuen Warschauer Erzbischofs Stanislaw Wielgus mit dem kommunistischen Sicherheitsdienst (SB) in den 1970er Jahren nimmt an Schärfe zu. Es gebe keinen Zweifel, dass Wielgus zwischen 1973 und 1978 "bewusster Mitarbeiter" des SB gewesen sei, heißt es in einer Erklärung des Ombudsmanns für Bürgerrechte in Polen. Historiker bezeichneten die Vorwürfe als berechtigt. Wieglus bestreitet die Vorwürfe.

 (DR)

Erzbischof Wielgus widerspricht Historikern
Der neue Warschauer Erzbischof Stanislaw Wielgus setzt sich gegen den Vorwurf einer bewussten Zusammenarbeit mit dem kommunistischen Geheimdienst (SB) zur Wehr. Die meisten der am Vortag veröffentlichten SB-Dokumente entsprächen nicht der Wahrheit, teilte Wielgus am Freitag in einer schriftlichen Erklärung mit. Er wiederholte, dass er "niemandem mit Worten oder Taten geschadet" habe.

Vor seiner für Sonntag geplanten feierlichen Amtseinführung widersprach der 67-Jährige erneut dem Verdacht "einer bewussten Zusammenarbeit", den sowohl eine staatliche als auch eine kirchliche Historikerkommission erhärteten. Die Kommissionen hatten Wielgus' 68-seitige SB-Akte im Institut für das nationale Gedächtnis (IPN), dem polnischen Gegenstück zur deutschen Birthler-Behörde, untersucht.

Sie befanden, der heutige Erzbischof habe mit dem SB zusammengearbeitet. Es sei jedoch nicht zu ermitteln, ob er jemandem geschadet habe. In einem ebenfalls am Freitag veröffentlichten Kommunique der kirchlichen Untersuchungskommission heißt es, es gebe mehrere wichtige Dokumente, die belegten, dass sich Wielgus zu einer bewussten Zusammenarbeit bereit gezeigt habe.

Amtsübernahme am Nachmittag
Trotz der Vorwürfe sollte Wielgus am Freitagnachmittag nach dem Kirchenrecht offiziell die Amtsgeschäfte der Warschauer Kurie übernehmen. Die Hauptfeierlichkeiten, die "liturgische Amtsübernahme", beginnen am Sonntag. Der Metropolit von Gdansk (Danzig), Erzbischof Tadeusz Goclowski, teilte laut Privatsender TVN24 mit, er werde daran nicht teilnehmen.

Einer Umfrage des Meinungsinstituts TNS OBOP für die Tageszeitung "Dziennik" (Freitagsausgabe) zufolge lehnen zwei Drittel der Polen einen Bischof ab, der mit der SB kollaboriert hat. 22 Prozent würden ihn in diesem Amt akzeptieren. 73 Prozent der Befragten sprachen sich laut "Dziennik" dafür aus, dass der Vatikan den Amtsantritt von Wielgus verhindern solle; 18 Prozent lehnten diese ab. 26 Prozent vertraten die Meinung, Wielgus solle jetzt auf sein Amt verzichten. 41 Prozent der Polen waren der Meinung, er sollte erst dann von seinem Amt zurücktreten, nachdem sein Fall genau untersucht wurde.

"Mediale Rufmordkampagne"
Wielgus selbst hatte bereits zuvor Kontakte zum kommunistischen Sicherheitsdienst zugegeben, aber energisch bestritten, jemandem geschadet zu haben. Journalisten hätten eine mediale Rufmordkampagne gegen ihn gestartet und wollten ihn "vernichten".

Es sei in Polen bekannt, was er von der allgemeinen "Durchleuchtung" halte. Er teile die Ansicht des Vatikan, dass Dokumente über eine bestimmte Person erst 50 Jahre nach deren Tod veröffentlicht werden sollten. Wielgus betonte, er habe Papst Benedikt XVI. alles über seine SB-Kontakte berichtet. Vor jeder Auslandsreise habe er - wie jeder andere polnische Bürger - ein Gespräch mit Mitarbeitern des SB führen müssen, um einen Reisepass zu erhalten.

Er habe festhalten müssen, was er im Ausland tun wolle und dass er der "Volksrepublik Polen" nicht zu schaden gedenke. Aber er habe niemals einen Bericht verfasst oder schlecht über jemand geredet, so Wielgus. Auch später als Professor und Rektor der Katholischen Universität Lublin sei er immer wieder von SB-Agenten aufgesucht worden. Dabei sei er vielleicht "naiv" gewesen.