Wie sich die SOS-Kinderdörfer weltweit für die Rechte von Jungen und Mädchen einsetzen

In einer Familie geborgen

SOS-Kinderdörfer unterstützen seit fast 60 Jahren Kinder auf der ganzen Welt. Die Organisation engagiert sich aber auch politisch. Zum heutigen Tag der Kinderrechte fordert die deutsche Sektion des Hilfswerks die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz.

Autor/in:
Michael Ruffert
 (DR)

Die SOS-Kinderdorf-Mutter hat frische Nudeln gekocht. Die elfjährige Doma und ihr drei Jahre jüngerer Bruder Wangdu werden sie zu Mittag essen. Die beiden wohnen in einem SOS-Kinderdorf im Bezirk Chengdu in Zentralchina - und fühlen sich jetzt wohl. "Das Leben vorher war hart. Wir wohnten bei Verwandten, die zu arm waren, um uns zur Schule zu schicken", sagt Doma. Jetzt leben sie, wie SOS-Kinderdorf international berichtet, geborgen in einer Familie.

Die Idee der SOS-Kinderdörfer, die der Gründer Hermann Gmeiner
1949 in Imst in Tirol entwickelte, hat sich inzwischen über den ganzen Globus verbreitet. In 132 Ländern werden mehr als 70.000 Kinder und Jugendliche in 473 SOS-Kinderdörfern und 383 SOS-Jugendeinrichtungen betreut. "Wir geben Kindern das Versprechen, dass sie in einer Familie aufwachsen können, bis sie selbstständig sind", sagt Johannes Münder, Vorstandsvorsitzender der deutschen Sektion des Hilfswerks.

Die Organisation engagiert sich aber auch politisch. Zum Tag der Kinderrechte am 20. November forderte Münder erneut die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz. Jungen und Mädchen müssten als eigenständig handelnde Menschen wahrgenommen werden. Bislang würden im Grundgesetz nur der Schutz der Familie und die Pflicht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder genannt.

Vier Grundpfeilern des SOS-Konzepts
Bei ihrer praktischen Arbeit orientiert sich die Organisation bis heute an den vier Grundpfeilern des SOS-Konzepts von Gmeiner: eine Mutter zu haben, Geschwister, ein Haus zum Leben und ein Dorf zum Aufwachsen. SOS steht daher auch nicht für einen Hilferuf, sondern für das Lateinische "societas socialis", das soziale Gemeinwesen.

In einer SOS-Kinderdorffamilie leben meist etwa sechs Kinder. In der Nachkriegszeit waren es vor allem Waisen, heute sind es in Deutschland meist Kinder aus zerrütteten Familien. Sie werden von einer Kinderdorf-Mutter oder einem Vater betreut, wohnen zusammen in einem Haus mit Garten. Zum Dorf gehören 10 bis 15 Familien. Es gibt Kindergärten, Gemeinde- sowie Mal- und Bastelhäuser.

"Wichtig sind uns die Familienprogramme"
Doch längst engagiert sich SOS-Kinderdorf international auch mit weiteren Hilfsprojekten. "Wichtig sind uns die Familienprogramme", sagt Münder. Durch Hilfe für sozial schwache Familien soll frühzeitig verhindert werden, dass Kinder ins soziale Abseits geraten. Weltweit profitieren nach Angaben der Organisation 420.000 Menschen von SOS-Sozialzentren, 452.000 werden in medizinischen Zentren betreut. SOS Kinderdorf macht sich auch für die Bildung von Jungen und Mädchen stark. Fast 140.000 Kinder und Jugendliche besuchen SOS-Hermann-Gmeiner-Schulen, SOS-Kindergärten und SOS-Berufsbildungsschulen.

Heute ist die Organisation auch in den armen Ländern in Asien, Lateinamerika und Afrika aktiv. "In Afrika kümmern wir uns besonders um die Aidswaisen", sagt Münder. Deren zunehmende Zahl sei besorgniserregend. Außerdem gibt es Nothilfe für Überschwemmungsopfer in Indien oder Flüchtlinge in Somalia. In Lateinamerika stärkt SOS Kinderdorf vor allem die Rolle der Frau.

In China hat sich das Leben des Mädchens Doma durch ihre Aufnahme im SOS-Kinderdorf verbessert. Jetzt geht sie zur Schule und ist sogar "Klassenverantwortliche", wie ein Plastikabzeichen an ihrer Schulter zeigt. Sie unterstützt die Lehrer und sammelt Klassenarbeiten ein - und darauf ist das Mädchen