Wie katholische Bistümer mit dem Thema Homosexualität umgehen

Raus aus dem Hinterzimmer

Bei der Bischofssynode in Rom soll auch der Umgang mit Homosexuellen besprochen werden. In sechs deutschen Bistümern gibt es eigene Beauftragte, die sich mit dem Thema beschäftigen - und für Offenheit plädieren.

Autor/in:
Nina Schmedding
Homosexuelles Paar  / © Michael Reichel (dpa)
Homosexuelles Paar / © Michael Reichel ( dpa )

Ein Priester, der homosexuell veranlagt ist. Ein in der Gemeinde engagierter Familienvater, der sich als schwul outet. Oder eine katholische Mutter, die nachts nicht mehr ruhig schlafen kann, seit sie weiß, dass die Tochter lesbisch ist. Kirche und Homosexualität - das ist nicht erst seit dem Outing des homosexuellen polnischen Priesters Krzysztof Charamsa am Wochenende im Vatikan ein heißes Eisen. Denn ausgelebte Homosexualität ist nach katholischer Lehre eine schwere Sünde.

Umgang mit Schwulen und Lesben auf tagesordnung der Synode

Bei der dreiwöchigen Familiensynode in Rom steht der Umgang mit Schwulen und Lesben in katholischen Familien auf der Tagesordnung. In den sechs Bistümern Osnabrück, Hildesheim, Limburg, Köln, Aachen und Freiburg gibt es eigene Beauftragte, die sich mit dem Thema beschäftigen - nicht erst seit gestern.

"Es geht darum, das Thema in der Institution Kirche präsent zu halten", erklärt Bruder Thomas Abrell, der seit zwei Jahren einen entsprechenden Arbeitskreis im Bistum Osnabrück leitet. Vorbild sei das Erzbistum Freiburg, das sich schon früh des Themas Homosexuellenseelsorge annahm und auch Gottesdienste für homosexuelle Menschen anbietet. Der 50-jährige Franziskaner Abrell wurde von Bischof Franz-Josef Bode eingesetzt, der als Leiter der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz zurzeit an der Synode in Rom teilnimmt.

Homosexualität von Priestern gilt als kirchliches Tabu

Als delikatestes Tabu gilt in kirchlichen Kreisen die Homosexualität von Priestern. In der Regel trauen sich Geistliche mit gleichgeschlechtlichen Neigungen nicht aus der Deckung. Wenn es doch rauskommt, machen viele tragische, sehr unschöne Erfahrungen. Bruder Thomas stellt klar: "Priester dürfen homosexuell sein - so lange sie diese Homosexualität nicht leben. Das ist eine Frage der Einhaltung des Zölibats, genau wie bei heterosexuellen Geistlichen. Ein Priester ohne Partner muss sich also auch als homosexuell outen dürfen, ohne dass er sein Amt verliert."

Bruder Thomas erhofft sich von der Bischofsversammlung im Vatikan zumindest für Deutschland eine Öffnung: "Ich hoffe, dass durch die Synode eine gewisse Freiheit bei dem Thema reinkommt - dass etwa die Regionen der Welt den Umgang mit dem Thema selbst regeln können. Es ist ja klar, dass Afrika dazu ganz anders steht als Europa."

Für Abrell geht es auch darum, wie man für homosexuelle Beziehungen eine liturgische Form finden kann - etwa eine Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren. Er sagt: "Es ist wohl theologisch auf Dauer nicht haltbar, wie die Kirche den Wert von sexualisierter Liebe an mögliche Nachkommen bindet." Das könne sich in den nächsten zehn Jahren ändern.

Angebot von Homosexuellenseelsorge

In Köln gibt es seit den 1990er Jahren Homosexuellenseelsorge. Sie begann mit dem Anliegen, dass "homosexuelle Menschen einen Beichtvater haben", sagt Andreas Heek, seit 2006 Ansprechpartner.

Dieses Angebot wurde in den vergangenen Jahren erweitert. "Es geht darum, die religiösen Bedürfnisse homosexueller Menschen und ihre Lebensfragen ernst zu nehmen", so der Theologe, der den Dialog mit Gruppen Homosexueller sucht. "Wir wollen mit homosexuellen Menschen sprechen, nicht über sie."

Unter Papst Franziskus wird allgemein offener über das Thema gesprochen. Abrell und Heek würden gerne noch andere Bistümer ins Boot holen - "auch wenn klar ist, dass uns dies derzeit nicht bei allen gelingen wird", bedauert Abrell. Damit das Thema aus den Hinterzimmern rauskommt, ist für sie auch die Einrichtung einer offiziellen "Bundeskonferenz" der diözesanen Beauftragten bei der Deutschen Bischofskonferenz denkbar. Bisher gibt es nur eine Art informeller Treffen der Zuständigen zweimal im Jahr in Frankfurt.

"Sie werden in Deutschland keinen vernünftigen Theologen finden, der sagt, dass Homosexualität eine Krankheit ist", betont Abrell. Klar ist aber auch: Wer sich in der katholischen Kirche mit dem Thema befasst, muss mit Widerstand rechnen. Als sich der Hildesheimer Bistumsbeauftragte für Homosexuellenseelsorge vor einigen Jahren öffentlich zu seiner Aufgabe äußerte, erntete er in konservativen katholischen Internetforen Häme - und er erhielt Morddrohungen.

 


Quelle:
KNA