Wie Islam und Christentum den Wahlkampf beeinflussen

Renaissance der Religionen in den Niederlanden

Die Religionen spielen im niederländischen Wahlkampf eine große Rolle. Der Rechtspopulist Geert Wilders will den Islam verbieten. Die Bischöfe hingegen wollen nicht, dass das Christentum für Politik instrumentalisiert wird.

Autor/in:
Franziska Broich
 Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders posiert im Rahmen seiner Wahlkampf-Tour für ein Selfie. / © Peter Dejong (dpa)
Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders posiert im Rahmen seiner Wahlkampf-Tour für ein Selfie. / © Peter Dejong ( dpa )

In den Niederlanden sind die letzten drei Wahlkampfwochen angebrochen. Am 15. März wählen die Niederländer ein neues Parlament. Derzeit liefern sich Mark Rutte von der "Volksparteij voor Vrijheid en Democratie" (VVD) und Geert Wilders von der rechtspopulistischen "Parteij voor de Vrijheid" (PVV) ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Ein Thema taucht immer wieder auf: Religion.

Wilders sorgte zuletzt für Aufregung, weil er den Koran mit Hitlers "Mein Kampf" verglich. Der Rechtspopulist sagte in einem TV-Interview, der Islamismus sei womöglich "noch gefährlicher" als die Nazi-Ideologie. Moscheen nannte er "Nazi-Tempel". Im Programm seiner Partei PVV werden ein Koran-Verbot und die Schließung von Moscheen gefordert.

Symbolisches Verbot?

Wie Wilders solche Forderungen umsetzen will, erklärt er nicht. Der Koran solle nicht aus den Häusern geholt werden - aber er solle nicht mehr verkauft werden. Und er weiß natürlich, dass Texte auch im Internet hochgeladen werden können. Das Verbot sei zum Teil symbolisch gemeint, sagt der PVV-Kandidat selbst.

Nun machten im Gegenzug etwa 30 Theologen, Geistliche und Journalisten auch das Christentum zum Thema. Sie wehren sich dagegen, dass die Rechtspopulisten das Christentum für ihre Zwecke instrumentalisierten. Kirchenvertreter und Akademiker unterzeichneten eine Petition mit dem Titel "In der Tat: Lang lebe unsere christliche Kultur".

Christentum als Projektionsfläche

"Eine Kirche ist keine politische Partei; eine politische Partei ist keine Kirche", heißt es im ersten Absatz der Petition. Unterschrieben wurde sie vom Bischof von 's-Hertogenbosch Gerard de Korte, der Präsidentin der evangelischen Kirche Karin van den Broeke, vom altkatholischen Erzbischof von Utrecht Joris Vercammen und anderen Akademikern.

Initiator des Manifests ist der Theologe Alain Verheij. Der Zeitung "Trouw" sagte er, es störe ihn, dass oft Politiker das Christentum als Projektionsfläche nutzten, die sonst gar nicht für christliche Töne bekannt seien. Diese sagten zwar, dass die "christliche Kultur" geschützt werden müsse, machten aber keine konkreten Vorschläge.

Faktencheck für Politiker

Namen werden in der Petition nicht genannt. Regelmäßig appellieren aber Wilders und etwa Thierry Baudet, der Leiter des Forums für Demokratie, an den Schutz der christlichen Kultur. Diese werde "als populistische Werkzeug eingesetzt", sagt Initiator Verheij. Donald Trump, Marine Le Pen und Viktor Orban etwa missbrauchten das Christentum, um ihre Botschaften zu unterfüttern. Verheij wünscht sich stattdessen mehr tatsächliche christliche Tradition in Gesellschaft und Kultur. Die Menschen sollten ihren Kindern zeigen, was Glaube bedeutet, um die Religion gegen "opportunistischen Missbrauch" von Politikern zu schützen.

Die Zeitung "Volkskrant" hat mittlerweile einen Faktencheck für Politiker im Wahlkampf eingeführt. So erklärte Wilders zum Beispiel, dass 52 Prozent der niederländischen Christen Muslime hassten. Die "Volkskrant" fand heraus, dass diese Aussage auf einer drei Jahre alten Umfrage unter 1.121 Niederländern basiere. Die Frage, die damals gestellt wurde, lautete allerdings: "Ich möchte gerne Muslime kennenlernen - aber ich weiß nicht wie." 52 Prozent der Befragten antworteten, sie seien mit dieser Aussage nicht einverstanden. In Wilders-Diktion: 52 Prozent der niederländischen Christen hassen Muslime. Der Faktencheck ergab zudem, dass nur die Hälfte der Teilnehmer tatsächlich Christen waren.

So viele Auslands-Niederländer wie nie zuvor

Der Rundfunksender NOS berichtete, mit 77.500 hätten sich so viele Auslands-Niederländer wie nie zuvor für die Wahl registriert; 2012 waren es rund 30.000 weniger. Laut der Internetseite "Peilingwijzer", die sich auf sechs unterschiedliche Umfragen stützt, liegen PVV und VVD derzeit gleichauf. Die PVV käme derzeit auf 24 bis 28 der 150 Unterhaussitze, was 15,8 bis 17,6 Prozent der Stimmen entspräche. Die VVD könnte mit 23 bis 27 Sitzen rechnen (15,2 bis 16,9 Prozent). Während die PVV im Januar demnach drei Sitze verlor, seien die Umfragewerte für die VVD seit einigen Wochen konstant. Es wird allemal eng.


Quelle:
KNA